Autogramme für Günther von L.

■ FrauenfrAktion überreichte 1.600 Unterschriften gegen die Abschaffung der „Zeitpunkte“ an den Intendanten des SFB / Weg für Hörfunkreform frei

Vor einem etwa doppelt so großen Publikum wie sonst mußten gestern die RundfunkrätInnen über die Zukunft des in der Zuhörergunst abgesackten SFB entscheiden. Rund 80 Frauen hatten vor dem Fernsehzentrum des SFB in der Masurenallee gegen die Abschaffung der Frauensendung „Zeitpunkte“ demonstriert, die der Wellenreform zum Opfer fallen soll.

Sechzig Frauen verschafften sich danach trotz strenger Sicherheitsvorkehrungen Zugang zur Rundfunkratssitzung. Dort überreichten sie Intendant von Lowjewski 1.600 Unterschriften für den Weiterbestand der Sendung, die die radikal-feministische Gruppe „FrauenfrAktion“ während der letzten 14 Tage gesammelt hat. Auch zahlreiche Parteien, Gewerkschaften und Verbände, DDR- und BRD-Prominente hatten protestiert.

Das Kontrollgremium Rundfunkrat selbst stimmte gestern nach kontroverser Debatte der Hörfunkreform faktisch zu: Der sogenannte Sperrvermerk, mit dem der Verwaltungsrat des SFB die Hälfte des Rundfunketats für 1990 eingefroren hatte, wurde mit 19 gegen 2 Stimmen, bei 3 Enthaltungen, aufgehoben. Unklarheit besteht jedoch weiter darüber, wie die Reform kostenneutral finanziert werden soll.

Zusätzliche Mittel wird es nämlich nicht geben. Bisher sieht die Reform die Einrichtung einer Welle für ältere Bürger auf SFB1, ein Aufmotzen von SFB1 durch mehr Wortbeiträge und eine neue Welle für Jugendliche auf SFB4 vor, die überwiegend Charts abspulen soll. Zu großen Einsparungen wird es auf jeden Fall auf dem jetzigen und zukünftigen Kulturkanal SFB3 geben. Bei den Zeitpunkten, die unter den Kulturetat fallen, sollen von 400.000 Mark pro Halbjahr, 300.000 gekürzt werden. Die jetzige Zeitpunkte -Redaktion soll dann nur noch Beiträge für Magazine auf SFB2 zuliefern. Eigene Sendezeiten und ModeratorInnen soll es dann nicht mehr geben.

Über weitere redaktionelle Auswirkungen der Reform herrscht im Rundfunkrat noch Unklarheit. Konsens war jedoch das „Prinzip Hoffnung“. Gegen den weiteren Rufverfall des SFB müßten nun endlich Zeichen gesetzt werden. Detailfragen wie die Zukunft der „Zeitpunkte“, die vielleicht doch noch ein kleines Eckchen für sich bekommen sollen, sollten im Programmausschuß des Rundfunkrats geklärt werden. Für einen Weiterbestand der Frauensendung setzten sich insbesondere die Rundfunkrätinnen Irene Berndt vom Elternverband und Angela Grützmann vom Landesfrauenrat ein.

taz