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Radio Bremen: Pleite ohne Alternative

■ Bremer Sender steht trotz Sparwelle vor einem Finanzdebakel / Hoffnung auf Gebührenerhöhung

Der finanzielle Ruin ist absehbar, und niemand weiß ein Rezept dagegen: Radio Bremen, kleinster Sender der ARD, mit dem durchaus großen Ruf, bisweilen für unkonventionelles und freches Programm zu sorgen, steht mit beiden Beinen in einem großen Schuldenloch. 50 Millionen Mark Defizit, so die Prognosen, werden bis 1993 auflaufen. Und weder dem Direktorium des Senders, noch dem Rundfunkrat ist bislang ein Weg aus dem Dilemma eingefallen.

Noch vor Jahresfrist hatte der Sender gehofft, ab 1990 endlich wieder schwarze Zahlen schreiben zu können. Dafür sollte die Gebührenerhöhung vom 1. Januar diesen Jahres sorgen. Doch dann brach eine andere Einnahmesäule völlig zusammen: die Fernsehwerbung. Statt wie bisher annähernd 100 Prozent Auslastung wurden für dieses Jahr lediglich knappe sechzig Prozent akquiriert. Der Grund: Die privaten haben den öffentlichen Sendeanstalten eine staatliche Anzahl von Werbekunden abgejagt.

„Wie kriegen wir die Anstalt in das Jahr 2000?“, fragen sich vor diesem Hintergrund seit Dezember diesen Jahres Intendant Karl-Heinz Klostermeier und das Direktorium des Senders. Ihre Antwort: Sparen, sparen, sparen. Im Fernsehbereich wird der prozentual festgeschriebene Anteil am ARD- Gesamtprogramm nicht mehr erreicht werden, beim Hörfunk, der in Bremen auf vier Wellen sendet, müssen besonders die Kultur- und Bildungsprogramme sparen und künftig mehr Wiederholungen senden. Motto des Indendanten: „Oktette können wir uns nicht mehr leisten.“ Die dritte und vierte Hörfunkwelle - eine speziell für ältere Menschen, die andere als Rockwelle konzipiert -, die bislang ohnehin auf Sparflamme funken, müssen noch weiter abspecken. Nur die werbeträchtige Hansawelle bleibt weitgehend von Einsparungen verschont. Die Alternative, nämlich kurzerhand eine ganze Welle zu kappen, wurde nicht ernsthaft erwogen. Denn die würde dann bald von weiterer privater Werbekonkurrenz besetzt werden. Mit einem weiteren, heftig kritisierten Einsparvorschlag, konnte sich die Programmdirektorin Hörfunk, Carola Sommerey, nicht durchsetzen. Sie wollte als einzige komplette Sendung ausgerechnet dem Regionalprogramm für die türkische Bevölkerung den Garaus machen. Der Rundfunkrat lehnte dies letzte Woche ab: „Biz Bize“ (zu deutsch: „Wir für Euch“) darf weitersenden.

So hat die Operation Rotstift lediglich gut vier Millionen Ersparnis für die kommenden zwei Jahre erbracht. Dem Prinzip Hoffnung folgend hat das Direktorium zudem eine Einnahmeverbesserung von fünf Millionen in die Papiere geschrieben, ohne allerdings so recht begründen zu können, wie die negative Entwicklung bei den Werbeeinnahmen umgekehrt werden kann. Und die angekündigten Einsparungen beim Personal - bis zum Jahr 2000 sollen 44,5 der 176 freiwerdenden Planstellen nicht wieder besetzt werden bringen kurzfristig nur wenig.

„Viel zu wenig“, und „perspektivlos“, schalt denn auch der Rundfunkrat die Direktoriumspläne. Doch noch mehr Einsparungen hält Hörfunkchefin Sommerey für unmöglich: „Ich kann keine Alternative vorlegen“, meint sie. Und: „Die Grenze dessen, was möglich ist, ist erreicht.“

Bleibt dem Sender nur die Hoffnung, daß die Ministerpräsidenten der Länder für 1993 die nächste, dann möglichst üppige Gebührenerhöhung beschließen und daß durch deutsch-deutsche Vereinigung und folgende Neuordnung des Rundfunks nicht der bislang von den Ministerpräsidenten festgeschriebene Bestandsschutz des finanzruinierten Senders erneut zur Debatte gestellt wird.

Holger Bruns-Kösters

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