Platz für noch mehr Fluggäste?

■ Die Berliner Flughafen-Gesellschaft (BFG) sieht Berlin „am Ende der Flughafenkapazität“ / Abwartende Haltung zum Thema Großflughafen

Die Berliner Flughafen-Gesellschaft trommelt für ihren Ausbau. Gestern wurde dazu ein neues Gutachten von den Airport-Managern vorgestellt. Der Tenor des Papiers: Die Berliner Flughäfen Tegel (West) und Schönefeld (Ost) sind nach dem Umbruch im Osten am Ende ihrer Abfertigungskapazitäten und müssen dringend ausgebaut werden. Da dies in Schönefeld frühestens bis 1995 erfolgen könne, werde sich bis dahin das durch die Verbesserung der geopolitischen Lage Berlins zu erwartende zusätzliche Verkehrsaufkommen aus dem Westen auf Tegel konzentrieren. Dort sei daher eine Verbesserung der Abfertigung unerläßlich. Diese Konsequenzen enthält ein im Auftrag der Flughafen-Gesellschaft von Prof. Lothar Hübl aus Hannover erarbeitetes Gutachten.

BFG-Direktor Knut Henne untermauerte die sich zuspitzende Entwicklung mit dem Hinweis, es habe im Januar und Februar eine Passagierzunahme von 13,5 Prozent gegeben. Das in diesem Umfang nicht erwartete Wachstum schlug sich überwiegend im Linienverkehr und dort auf den Auslandsstrecken nieder. Im Februar habe die durchschnittliche Auslastung im Linienverkehr 81,8 Prozent betragen, ein „traumhafter Wert“, der im Sommer noch einiges erwarten lasse. In Tegel werden etwa sechs Millionen Fluggäste jährlich abgefertigt, in Schönefeld drei Millionen. Man hoffe, daß die bauaufsichtliche Genehmigung zum Beginn der Erweiterungsarbeiten in Tegel durch Bausenator Wolfgang Nagel (SPD) sehr schnell erteilt werde. Nachdem PanAm eine lärmarme Umrüstung angekündigt habe, seien aus Sicht der BFG keine Hindernisse mehr vorhanden. Auf den von PanAm gewünschten Verzicht auf die ab Juli geltenen höheren Landegebühren während der Umrüstungsphase wollte sich Henne nicht festlegen. Er habe Zweifel, ob dies unter dem Aspekt des Gleichheitsgebots sinnvoll und möglich sei.

Eine Marktstudie für ein Gesamtberliner Flughafenkonzept kündigte Henne bis „Mitte des Sommers“ an. Bis dahin wolle man sich an den Spekulationen über einen eventuellen Großflughafen in der Nähe Berlins nicht beteiligen. Da dessen Bau bis 15 Jahre und länger dauern könne, müsse der Flugverkehr sowieso noch lange in Tegel und Schönefeld abgewickelt werden. Zudem werde ein Flughafen, der beispielsweise 50 Kilometer von Berlin entfernt liege, Tegel nicht überflüssig machen.

Bei der Erläuterung des Gutachtens wies Hübl darauf hin, daß präzise Aussagen wegen der unterschiedlichen Verfügbarkeit von Daten nur für West-Berlin möglich gewesen seien, in Schönefeld habe man Gespräche mit der Direktion geführt. Grundlage der Studie seien 40 „intensive Expertengespräche“ mit Unternehmen, Verbänden und Institutionen gewesen.

Zu den Argumenten für einen Ausbau des Flugverkehrs in Berlin gehöre auch, daß der Eisenbahnverkehr zwar für die Räume Hamburg und Hannover interessant sein könne, München und das Ruhrgebiet aber schon zu weit weg lägen. Wenn die Berlin-Förderung eines Tages geändert werde und dann die steuerlichen Besonderheiten bei der Exportabwicklung entfielen, würde außerdem das Luftfrachtaufkommen kräftig steigen. Logistische Engpässe im künftigen Osthandel könnten bis zur Sanierung der Bodenverkehrs-Infrastruktur vornehmlich auf dem Luftweg bewältigt werden.