: Runder Tisch stoppt deutsch-deutsches Solo
■ DDR-Kreis Heiligenstadt darf sich nicht im Alleingang wiedervereinigen / Keine Verhandlungen über Anschluß
Heiligenstadt (taz) - Der Runde Tisch des DDR-Kreises Heiligenstadt hat jetzt den im oberen Eichsfeld grassierenden Austrittsbestrebungen aus der DDR einen Riegel vorgeschoben. Der Vorsitzende des Rates des Kreises Heiligenstadt, Werner Henning (CDU), nahm gestern auf einer Pressekonferenz im südlich des Harzes gelegenen Heilbad vorläufig von dem Plan Abstand, mit der BRD sofort Verhandlungen „über einen separaten Beitritt des Kreises zum Geltungsbereich des Grundgesetzes“ aufzunehmen. Der „Rat des Kreises“, die von ehemaligen Blockparteien und Ex-SEDlern besetzte Verwaltungsspitze, hatte zuvor einmütig „eigenständige Verhandlungen“ mit der BRD und eine „Volksabstimmung der Einwohner“ des Kreises über einen Beitritt befürwortet. Ähnliche Separationsbestrebungen gab es auch im DDR-Kreis Worbis.
Nach massiver Kritik des Runden Tisches des Kreises Heiligenstadt hatte der Rat des Kreises allerdings seine Separationspläne am Mittwoch abend nicht mehr zur Abstimmung gestellt. Der Vorsitzende des Rates des Kreises, Dr. Werner Henning, hat allerdings seine Separationspläne noch nicht völlig aufgegeben. „Der Runde Tisch repräsentiere zwar die Parteienlandschaft, nicht aber die Stimmung in der Bevölkerung“, sagte der promovierte Germanist gestern und erinnerte an die Januar-Demonstration von 60.000 DDR -BürgerInnen für eine deutsch-deutsche Vereinigung an der Grenze bei Duderstadt. Wenn die DDR insgesamt bei den Vereinigungsverhandlungen mit der Bundesrepublik zu zögerlich vorgehe, werde das obere Eichsfeld seine Probleme doch noch selbst lösen.
Nach einer tausendjährigen gemeinsamen Geschichte sei das Eichsfeld im Jahre 1816 zwischen dem Königreich Hannover und Preußen geteilt worden, sagte gestern das für Kultur zuständige Mitglied des Rates des Kreises. Deswegen fühlten sich die Obereichsfelder aufgrund konfessioneller, kultureller und familiärer Bindungen heute nicht Thüringen, sondern Niedersachsen zugehörig.
ü.o.
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