: „Kampagne ist gegen die Regierung gerichtet“
Steve Nally von der „Anti-Kopfsteuer-Vereinigung“ glaubt, daß Margaret Thatcher über die „Poll Tax“ stürzen wird ■ I N T E R V I E W
Die „Britische Anti-Kopfsteuer-Vereinigung“ wurde im vergangenen November in Manchester gegründet. An der Gründungsversammlung nahmen 2.000 Delegierte von 1.200 Organisationen teil.
taz: Wie groß ist die Unterstützung für die Anti-Kopfsteuer -Bewegung?
Steve Nally: Wir haben 1.500 angegliederte Organisationen, darunter 350 Gewerkschaftsfilialen und 50 Ortsverbände der Labour-Party. Seit Weihnachten haben wir 3.000 Veranstaltungen organisiert, zu denen insgesamt 150.000 Menschen gekommen sind. Die Anti-Kopfsteuer-Bewegung ist eine Kampagne der Basis. Die Initiative für Demonstrationen und Veranstaltungen geht inzwischen oft von „Normalbürgern“ aus - selbst in den Tory-Hochburgen Südenglands, wo die Bevölkerung am meisten vom Thatcherismus profitiert hat.
Mit welchen Mitteln wollt ihr die Rücknahme des Kopfsteuergesetzes erreichen?
Am 31. März finden nationale Demonstrationen in London und Glasgow statt. Als nächster Schritt ist im April eine öffentliche Verbrennung der Steuerbescheide geplant. Und im Sommer soll ein großes Pop-Festival zur Unterstützung der Bewegung steigen. Wir wollen kurzfristig eine massenhafte Boykottkampagne aufziehen. Wir wollen erreichen, daß möglichst viele Menschen die Steuer nicht bezahlen, daß sich die Gewerkschafter in den Verwaltungen weigern, die Steuer einzutreiben, und daß die Bezirksräte keine strafrechtliche Verfolgung der Boykotteure einleiten. In Schottland ist die Kampagne bereits sehr erfolgreich. Über eine Million Menschen zahlen keine Kopfsteuer, Zehntausende sind „spurlos verschwunden“ - sie haben die Meldeformulare einfach nicht ausgefüllt. Wenn man diese Zahlen auf England und Wales überträgt, werden sich bis spätestens zum Herbst acht bis zehn Millionen Menschen an der Boykottkampagne beteiligen.
Die Medien haben über die Krawalle bei den Demonstrationen breit berichtet, die angeblich von der trotzkistischen „Militant Tendency“ angezettelt worden sind. Wie ist eure Einstellung dazu?
Wir haben nie zur Gewalt aufgerufen. Allerdings verstehe ich die Wut vieler Menschen. Es hat jedoch nur bei sechs Demonstrationen Verhaftungen wegen kleinerer Vergehen gegeben. Die Regierung versucht, die Hysterie über Gewalt hochzutreiben, um von ihrer eigenen Krise abzulenken. Unsere Aktionen sind friedlich. Die Bevölkerung fällt schon lange nicht mehr auf die Warnungen der Regierung vor den Roten unter jedem Bett herein. Der Widerstand gegen die Kopfsteuer wird ja selbst von Tories getragen und hat sich auch in Städten formiert, wo „Militant“ noch nie Mitglieder hatte.
Wird Thatcher über die Kopfsteuer stürzen?
Die Bewegung war ursprünglich nicht gegen die Regierung, sondern lediglich gegen die Kopfsteuer gerichtet. Sie hat sich jedoch zu einem Katalysator für die Unzufriedenheit mit elf Jahren Thatcherismus entwickelt. Die Kampagne hat vielen Menschen, die schon resigniert hatten, neue Hoffnung gegeben. Die Bewegung ist in den vergangenen Monaten unglaublich gewachsen und hat sich stark politisiert. Jetzt ist sie ganz eindeutig gegen die Regierung gerichtet. Wir werden auf keinen Fall nachgeben. Also wird Thatcher es tun müssen, und das wird ihr Ende als Premierministerin einläuten.
Interview: Ralf Sotscheck
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