: Der Kanalarbeiter
■ Tele-Tips aus der Provinz
Morgen ist es soweit: Unsere Schwesternbrüder dürfen die gerade erst laut gewordenen Stimmen schon wieder abgeben. Klar, daß das Fernsehen live dabei ist und aus allen verfügbaren Röhren schießt. Wie auch immer die Sache ausgehen mag, ein Ergebnis steht fest: Erstmals in der Geschichte der modernen Medizin wird der Versuch unternommen, einen siamesischen Zwilling nicht etwa zu trennen, sondern zu einem einzigen (Staats-)Wesen zusammenzumodellieren.
Auf dieses einmalige Ereignis reagieren die Fernsehleute erstaunlich richtig, nämlich mit einer geballten Ladung Kabarett. Samstag abend um 22.25 Uhr geht's im Ersten los mit dem Satire-Fest, dortselbst zugegen sind unter anderem der unvermeidliche H.-D. Hüsch, Zwei Drittel, Uli Keuler und Erwin Grosche; nur 35 Minuten später arrangiert die Nordkette einen Live(!)-Auftritt von Achim Konejung und Horst Schroth mit ihrem sehr passenden Programm Gnadenlos deutsch. Auch 3sat will nicht tatenlos zusehen und stellt um 23 Uhr wiederum Erwin Grosche aufs Brettl. Komische Helden sind der Gegenstand seines Vortrages, aufgezeichnet im Mainzer „unterhaus“. Etwas versteckt in der Familiensendung Städteturnier hat das ZDF tags drauf Matthias Beltz und das Frankfurter Kurorchester untergebracht; mit offenen Worten ist zu rechnen. Am schnellsten auf die Wahlergebnisse reagieren können die Ensemble der Westberliner „Stachelschweine“ und der seit 1953 existierenden Ostberliner „Distel“, die beide zur RTL-Sendung Wahl in der DDR um 17.45 Uhr geladen wurden. Noch eins drauf setzt Nord 3 um 20.15 Uhr und präsentiert unter dem Titel Verstehen Sie Bahnhof? den Kabarettisten & Parodisten Wolfgang Sembdner. Zur lach- und sartiretechnischen Abrundung empfiehlt der Kanalarbeiter noch Norman Jewisons Spielfilm Die Russen kommen, die Russen kommen um 18.10 Uhr auf Pro 7. Die erste Notlachspende nach dem gewaltigen Hochrechnungs- und Selbstdarstellungsgewitter in Spielfilmlänge aber kommt um 23 Uhr von 3sat, sie trägt den Titel Eins, zwei drei, ist, wie wir alle wissen, inszeniert von Billy Wilder und hätte kaum passender plaziert werden können. Meine Hochachtung den aufmerksamen RedakteurInnen.
Harald Keller
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