: Kunstschneebänder
Der Berg lacht: Ski-Weltcup in seiner größten Krise ■ P R E S S - S C H L A G
Der dritte schneearme Winter hintereinander hat den alpinen Ski-Weltcup in seiner 23. Saison in seine bisher schwerste Krise gestürzt, ebenso die anderen Disziplinen: Der Langlauf, das Skispringen, die Nordische Kombination und Biathlon. Absagen und Verschiebungen am laufenden Band nagten ebenso am Image wie die unwirklich anmutenden Rennen auf Kunstschneebändern inmitten einer grünen und braunen Berglandschaft.
Die Querelen um versprochene und nicht eingehaltene Fernseh -Übertragungen häuften sich ebenso wie die Bedenken von Sponsoren, in eine durch mögliche Klimaveränderungen unsicher gewordene Sportwerbung zu investieren.
Der alpine Weltcup, der von dem Journalisten Serge Lang 1967 begründet und bis 1986 dirigiert wurde, war der Vorreiter und das Musterbeispiel für gezielte Vermarktung eines Saisonwettbewerbes für alle anderen heutigen Weltcups im Sport überhaupt. Doch in den achtziger Jahren begann ein Überangebot an sportlichen Großereignissen die Fernsehzuschauer zu überfluten. Weltmeisterschaften und Olympische Spiele wie am Fließband - und dagegen konkurrierte im Winter der Weltcup mit nahezu 70 Rennen bei Herren und Damen. Erinnert sich der jugoslawische Ski -Direktor Toni Vogrinec: „Früher konnten wir die Fernsehübertragung einer Skiabfahrt kaum erwarten, jetzt fragen die Leute am nächsten Tag, wer gewonnen hat.“
Die FIS versuchte zu reagieren. Die Qualifikationen bei Slaloms und Riesenslaloms für die besten 30, die Reduzierung bei den Skispringern, der Jagdstart bei den Langläufern, das „Gelbe Trikot“ bei den Kombinierern für den Führenden alles Versuche, Attraktivität zurückzugewinnen.
Aber beim Weltcupfinale in Are, das die Schweden über fünf Millionen Kronen (1,4 Millionen Mark) kostet, strichen die FIS-Verantwortlichen die publikumswirksamen Parallelslaloms, in denen die besten Skistars der Saison starten sollten. „Wir wollten Tomba und Bittner sehen, jetzt bleiben sie zu Hause“, klagte eine Studentin. „Sportliche Dinge haben den Vorrang, Fernsehen interessiert uns nicht“, sagten Trainer, als der Schwede Bibbo Nordenskjöld in der Mannschaftssitzung darauf hinwies, daß Are ein Millionendefizit drohe, wenn Sponsoren wegen Nichtübertragung im Fernsehen nicht zahlen. Are zahlt allein 800.000 Kronen an Aufenthaltskosten für die Athleten.
Ein Fragezeichen steht noch hinter dem Hauptsponsor für den Weltcup in den nächsten Jahren. Eine italienische Kaffeefirma butterte seit drei Jahren drei Millionen Franken in den weißen Zirkus. Eine Option für weitere drei Jahre läuft am 30. April ab. Ein Nachfolger ist nicht in Sicht. Eine japanische Autofirma kommt nicht in Frage, weil die meisten Skipools eigene Verträge haben.
Vielleicht löst sich das Problem auch anders: Skifahrer finden mehr und mehr zu eigener Betätigung. In Are starten bei einem Volksabfahrtslauf 4.000 Teilnehmer. Das sind mehr Leute, als bei allen skandinavischen Weltcuprennen zusammen Zuschauer gezählt werden.
dpa
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