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Rote Inseln im schwarzen Meer

■ Ost-Berlin wählte rot: SPD stärkste Partei, dann folgen PDS und CDU / SPD-Politiker in Ost- und West-Berlin hoffen auf Kommunalwahlen am 6. Mai / Grüne Partei bekam auch in Ost-Berlin die Quittung für ihr Festhalten an der Zweistaatlichkeit

Anne Kathrin Pauk, die Vorsitzende der Ostberliner SPD, schwamm am Wahlabend auf einer roten Insel im schwarzen Stimmenmeer. In Pauks Heimatbezirk Marzahn wurde die SPD mit 33 Prozent die stärkste Partei, vor der PDS mit 25 und der CDU mit 23 Prozent. Ähnlich sah es in ganz Ost-Berlin aus (siehe Kasten). Geht es nach den Berlinern jenseits der Mauer, dann sollen nicht die Blockflöten von der CDU die erste Geige spielen, sondern die SPD. Der Tag der Kommunalwahlen in der DDR, der 6. Mai, „kommt auch noch“, machte Pauk ihren ParteifreundInnen Mut.

Die SPD in Ost- und West-Berlin hofft jetzt schon auf diesen Tag der Abrechnung. „Erwartungen, die geweckt wurden“, seien gestern von den DDR-Bürgern gewählt worden, erklärte der Regierende Bürgermeister Walter Momper. Der entscheidende Punkt werde sein, wie diese Erwartungen eingelöst würden. Ein „sehr labiles Wahlergebnis“ liege da vor, meinte auch SPD-Innensenator Pätzold gestern gegenüber der taz. Viele Erwartungen der Wähler seien am 6. Mai vielleicht schon „enttäuscht“.

Die Grüne Partei blieb allerdings offensichtlich auch in Ost-Berlin - wie in der ganzen DDR - nur knapp über der Nachweisgrenze. Das Thema Ökologie sei in der DDR einem „Aufbauwahn“ nach Art der 50er Jahre zum Opfer gefallen, meinte der AL-Abgeordnete Bernd Köppl gegenüber der taz. Auch Innensenator Pätzold bedauerte das schwache Abschneiden der Schwesterpartei seines kleinen Koalitionspartners. „Feine Töne“ seien in der Schwarz-Weiß-Konfrontation des DDR -Wahlkampfes untergegangen. Die DDR-Grünen, meinte Köppl, hätten für ihr Festhalten an der Zweistaatlichkeit die Quittung bekommen.

Bliebe es bei der Prozentverteilung von gestern, dann wäre eine rot-grüne Koalition auf Gesamtberliner Ebene nur mit der PDS möglich. Ein Bündnis zwischen der AL und den reformierten Realsozialisten, warnte Köppl, wäre trotzdem „ganz fatal“. Bis zu Gesamtberliner Wahlen fließe im übrigen „noch viel Wasser die Spree hinunter“. Wer weiß. Walter Momper sieht es jetzt als „das wichtigste“ an, „die Einheit Berlins herzustellen“ - und zwar im Gleichtakt mit der Vereinigung Deutschlands.

Bringt die schwarze Mehrheit im Nachbarhaus nun das rot -grüne Fachwerk zum Einsturz, und wird eine große Koalition in Ost-Berlin die Neigung in der Westberliner SPD verstärken, in der Stadt eine Koalition des nationalen Notstandes einzugehen? Pätzold widersprach dem gestern vehement: „Ich halte von einer großen Koalition überhaupt nichts.“

„Die rot-grüne Koalition bleibt der Fels in der Brandung“, glaubt der AL-Mann Köppl. Keine Angst zeigte auch AL -Senatorin Schreyer: „Die SPD wird nicht kurzschlüssig reagieren.“ Köppl konnte der SPD-Niederlage in der DDR etwas Positives abgewinnen. Die „Arroganz der SPD“, die der rot -grünen Koalition so schlecht bekommen sei, sei jetzt auf jeden Fall gedämpft. An den kräftigen, tiefroten PDS-Tönen auf der Wahlkarte von Ost-Berlin hatten sicher auch einige alte Bekannte mitgemalt.

In Pankow gab Egon Krenz seine Stimme „der Partei meines Vertrauens“ - obwohl er ja wisse, „daß viele dort mir nicht mehr vertrauen“. Und auch Joachim Herrmann und Günther Mittag marschierten in Ost-Berlin zur Wahlurne: in der Zelle 213 der Untersuchungshaftanstalt I in Hohenschönhausen.

Hmt

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