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Neue Heimat für Junkies

■ In Kattenturm läuft ein betreutes Wohnprojekt für Drogenabhängige an

„Eigentlich läuft es ganz gut,“ erzählt Harry von den ersten Tagen im „neuen“ Haus. Er gehört zu den zwölf ehemaligen BesetzerInnen des Hauses Fedelhören 45, die seit dem 1. März in einem Kattenturmer Haus wohnen. Einzel-und Doppelzimmer stehen in den drei Ebenen zur Verfügung, für jedes Geschoß gibt es eine kleine Küche. Pro BewohnerIn und Nacht legt das Amt für Soziale Dienste 25 Mark Miete auf den Tisch. Gesamtmonatsmiete: Knapp 11.000 Mark.

„Eigentlich ganz gut“ heißt für die drogenabhängigen BewohnerInnen erst einmal ein sicheres Dach über dem Kopf. Bisher gilt eine einfache Hausordnung: Keine Gewalt, keine Klauereien, keine Prostitution im Haus. Die Betreuung der drogenabhängigen hat Victor von Wilcken, Sozialarbeiter beim Verein für Drogenhilfe, übernommen. Ein Hausmeister kümmert sich um die technische Seite der Verwaltung. Ärger mit den Nachbarn gibt es in Kattenturm zur Zeit nicht. Victor von Wilcken hatte die AnwohnerInnen persönlich aufgesucht und sie noch vor dem Tag des Einzugs über das Betreute Wohnprojekt informiert.

Was nicht so gut klappt: die Versorgung mit Methadon. Die meisten der Drogenabhängigen hatten sich durch die neue (alte) Vergabepraxis für das Substitut einen langsamen Ausstieg erhofft. Daß die Vergabe ausbleibt, enttäuscht sie. Harry: „Das war einer der Gründe, warum ich hierhin gekommen bin.“

Das liegt nicht an der Betreuung. Das Konzept, weitgehend aus dem Projekt in der Roonstraße übernommen, versteht sich

als suchtbegleitende Maßnahme. Langfristig sollen die Drogenabhängigen selbstverantwortlich auch die Arbeiten im Haus übernehmen, um so langsam die Kurve nach draußen zu kriegen. Die BewohnerInnen müßten sich viel mehr um ihre eigenen Interessen kümmern können, als es bisher möglich ist. Der Mietvertrag sieht für die täglich anfallenden Arbeiten jedoch den Hausmeister vor. Martin Grotjahn,

Geschäftsführer der Drogenhilfe: „Wir müssen darauf einwirken, daß der Mietvertrag entsprechend geändert wird.“

Bis jetzt haben die Junkies nur deshalb ein Dach über dem Kopf, weil der Hausbesitzer den großen Reibach gerochen hat. Die LLoyd Bauträger GmbH vermietet in Bremen 400 solcher Wohnplätze, auf Kosten der Stadtgemeinde und der BewohnerInnen. ma

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