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Justizverwaltung stellt sich stur

■ Nachdem am Montag 250 U-Häftlinge das Essen verweigerten hatten, setzten gestern rund 50 Gefangene den Hungerstreik fort / AL fordert Gespräche

Rund 50 Gefangene der U-Haftanstalt Moabit haben gestern den unbefristeten Hungerstreik fortgesetzt, nachdem am Montag 250 Gefangene das Essen und zum Teil auch die Arbeit verweigert hatten. Die U-Häftlinge wiederholten, daß es ihnen in dem Hungerstreik nicht um „Sieg oder Tod“ gehe, sondern darum, daß endlich mit den „menschenschindenden und persönlichkeitszerstörenden Verhältnissen“ in der U-Haft „Schluß“ sei. Sie forderten die Justizverwaltung erneut auf, eine unabhängige Gefangenenvertretung anzuerkennen und mit dieser in Verhandlungen zu treten.

Wie berichtet ist eine wesentliche Forderung in dem 37 Punkte umfassenden Katalog die sofortige Aufhebung des 23stündigen Einschlusses in der U-Haft. Außerdem soll es ausländischen U-Gefangenen sofort erlaubt werden, sich mit ihren Angehörigen beim Besuch in ihrer Landessprache unterhalten zu können. Bislang müssen die Ausländer bei der Besuchsstunde in der U-Haft deutsch sprechen, es sei denn, sie können sich einen beeideten Dolmetscher leisten. Obwohl viele der Forderungen Bestandteil der rot-grünen Koalitionsvereinbarung sind, stellt sich die Justizverwaltung weiterhin stur. „Es bleibt dabei, daß es keinen Anlaß gibt, auf die Forderungen einzugehen“, wiederholte Justizsprecher Christoffel gestern seine Auskunft vom Vortage. An „Veränderungen“ in der U-Haft werde gearbeitet, wie diese aussähen, werde zu „gegebener Zeit“ bekanntgegeben. Christoffel bekräftige, daß der Vollzug der U-Haft nach der Strafprozeßordnung erfolge und vom Richter in der Regel in diesem Sinne angeordnet werde. Für die Haftanstalt gebe es „keinen Weg“ daran vorbei. Das gleiche gelte auch für die Anordnung, daß ausländische U-Häftlinge deutsch sprechen müßten. Eine Gefangenenvertretung in der U -Haft werde von der Justizverwaltung nicht anerkannt, weil diese aufgrund der „Fluktuation“ nicht für die Insassen sprechen könne. Nach Angaben von Christoffel werden jegliche Verhandlungen „abgelehnt“. Die Justizverwaltung ist nicht einmal zu Gesprächen bereit: „Einzelne“ Unterredungen könnten mit der Anstaltsleitung geführt werden.

Der AL-Abgeordnete Eckert forderte die Justizverwaltung auf, unter Hinzuziehung der Anstaltsbeiräte Gespräche mit den Gefangenen zu führen. Eckert hält die Forderungen nicht nur für berechtigt, sondern in Anlehnung an die Koalitionsvereinbarung auch für umsetzbar, weil sie kein Bundesrecht beträfen. Das Problem Insassenvertretung könne dadurch gelöst werden, daß jede Station einen Sprecher bestimme.

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