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Ost-West-Annäherung: Eurozentrismus droht

Die neuen Weltwirtschafts-Leitlinien der Grünen im Bundestag / Weltbank als Entwicklungsfonds  ■  Das Einmaleins des UMDENKENS

Bonn (taz) - Vom kapitalistischen Weltmarkt zu einer solidarischen Weltwirtschaftsordnung - unter diesem Motto stellten die Grünen im Bundestag kürzlich ihre neuen Leitlinien für die internationale Ökonomie vor.

Umweltschutz und sozialer Ausgleich sollten dabei oberste Handlungsmaximen sein. Zu ihrer Durchsetzung setzen die Grünen auf internationale Vereinbarungen und Stärkung von Organisationen wie der UNO. Die westliche Marktwirtschaft hätte keinen Grund zu triumphieren, auch wenn im Osten der Sozialismus gescheitert sei. Blinder Wachstumsglaube habe zu weltweiten sozialen und ökologischen Problemen katastrophalen Ausmaßes geführt. Am Ende der Entwicklung im westlichen Stil stelle sich heute die Frage des Überlebens der Menschheit auf diesem Planeten. Mit der Verschärfung des Nord-Süd-Konfliktes werde nicht nur der Umweltschutz vorangetrieben, sondern auch neue Kriegsgefahren heraufbeschworen. Um dem entgegenzusteuern, bedürfe es zunächst einer umfassenden Schuldenstreichung für die Entwicklungsländer im Rahmen einer internationalen Schuldenkonferenz der Vereinten Nationen. Die Industrieländer sollten darüberhinaus zwei Prozent ihres Bruttosozialproduktes in die Entwicklungshilfe investieren.

Ein weiteres Prozent sei einem Weltklimafonds zur Verfügung zu stellen, der den Entwicklungsländern bei der Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen helfen solle. Der Handel mit Atomkraftwerken und Giftmüll müsse kraft internationaler Vereinbarungen verboten, der Tourismus weitreichend beschränkt werden. Auf UNO-Ebene sei eine Charta der Rechte der Natur völkerrechtlich verbindlich festzulegen. Die Wirtschaft müsse entflochten, multinationale Konzerne stärkerer demokratischer Kontrolle unbterworfen werden. Gleiches gelte für den Internationalen Währungsfonds (IWF), dessen Mittel künftig dem Ausgleich von Leistungsbilanzen in armen Ländern dienen sollten. Die Weltbank wollen die Grünen in einen Entwicklungsfonds für Afrika, Lateinamerika und Asien umgewandelt sehen.

Den politischen und ökonomischen Umbruch in Europa solle man positiv nutzen, um zu einer gesamteuropäischen Wirtschaftsordnung für die EG, die Efta (Europäische Freihandelszone) und die osteuropäischen Länder des Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) zu gelangen. Vor einer bloßen Ost-Ausdehnung der EG sei zu warnen. Dort setze man nach wie vor unbeirrt auf Wachstum. Die Demokratie käme in Entscheidungsprozessen zu kurz. Bei einer gesamteuropäischen Integration solle demgegenüber die Parlamentarische Versammlung des Europarates die Federführung übernehmen. Die Ost-West-Annäherung, so heißt es in den Leitlinien, berge die Gefahr eines „Eurozentrismus“, demgegenüber die „noch viel dringlicheren Probleme der Dritten welt in Vergessenheit zu geraten drohen.“

Beate Urbschat

Zur weiteren Information über die weltwirtschaftlichen Leitlinien möge sich die erlauchte Leserschaft bitte wenden an: Die Grünen im Bundestag, Arbeitskreis Weltwirtschaft

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