: Abtreibungspille erforschen
■ Pro Familia diskutiert mit Frauen über Segen und Flüche der französischen RU 486
Wo liegen die Vor- und Nachteile der französischen Abtreibungspille RU 486? Läßt sie den Frauen mehr Eigenverantwortlichkeit beim Abort, schützt sie als Medikament vor einem aggressiven, operativen Eingriff? Welche psychologischen Probleme wirft sie auf, welche gesundheitlichen Folgen hat sie? Unterläuft sie den Paragraphen 218 oder kann sie eventuell als „Pille danach“ eingesetzt werden? Kurz: Ist die RU 486 eine Alternative zu bisherigen Abtreibungsverfahren?
Fragen über Fragen türmten sich vor den 50 überwiegend weiblichen TeilnehmerInnen einer Diskussionsveranstaltung der Pro Familia Bremen am letzten Dienstag auf, die bei weitem nicht alle beantwortet werden konnten. Tenor des Meinungsaustauschs: Über die Pille muß noch viel geforscht werden, wenn sie als Abtreibungsalternative zur herkömmlichen Absaugmethode in der BRD eingesetzt werden soll.
RU 486 wird in Frankreich seit
acht Jahren unter staatlicher Kontrolle zum Schwangerschaftsabbruch eingesetzt. Die Pille verhindert durch ihren chemischen Code die Versorgung des befruchteten Eis. Die Zelle stirbt ab, wird aber nicht aus der Gebärmutter ausgestoßen. Deshalb bekommen die Frauen zwei Tage nach der Abtreibungspille Pros-taglandine verabreicht, die die Kontraktion der Gebärmutter bewirken: Das abgestorbene Gewebe wird ausgestoßen (vgl. taz vom 17.3.)
30.000 Frauen haben bisher in Frankreich mit dieser Pille abgetrieben, medizinisch ausgewertet wurden bisher 2.000 Aborte. Da die Pille bisher nur in Frankreich und China eingesetzt wird, liegen auch keine internationalen Vergleichsuntersuchungen vor. Um die Einnahme nicht zum russischen Roulette werden zu lassen, müßten die Forschungen intensiviert werden. Mit dem Meinungsaustausch verfolgte die Pro Familia einen bestimmten Zweck: Über den Bundesverband und die Weltgesundheitsorgansation könnte demnächst unabhängig von einem Zulassungsantrag beim Berliner Bundesgesundheitsamt - in der BRD ein Forschungsprojekt mit diesem Medikament entstehen. Hanna Staud, Leiterin der Pro Familia in Bremen: „Bei der Veranstaltung wurde deutlich, daß für die eine Frau gut ist, was für die andere
nicht gut ist. Für uns war wichtig, das von den Frauen zu hören.“ Abtreibung per Pille könnte für Frauen eine Methode werden, die jeglichen operativen Eingriff in ihren Körper vermieden wissen wollen (Dauer: zwei Tage Wirkung der RU, dann mehrer Stunden Wirkung der Prostaglandine). Andere, die den Abort so schnell wie möglich hinter sich bringen wollen, sind möglicherweise mit der Absaugmethode besser beraten ( Dauer des Eingriffs etwa zehn Minuten).
Doch das ist nur ein Aspekt für die Vergabe des Medikaments. Die Forschungsarbeiten müssen auf praktisch allen Feldern vorangetrieben werden. Im April, so teilte Elke Thoß vom Bundesverband der Pro Familia mit, könnten die Verhandlungen mit der WHO aufgenommen werden. Dann müßten psychologische Langzeitwirkungen der Pille untersucht , Dosierungsexperimente angestellt und rechtliche Fragen geklärt werden. Medizinisches Personal müßte fortgebildet und die Bedingungen erforscht werden, wann die Pille oder die Absaugmethode empfohlen werden soll. Das wäre für den Verein Pro Familia „ein enormer Schritt nach vorne“ (Elke Thoß). Vorraussetzung ist aber eine grundsätzlich positive Entscheidung der Landesverbände. Die ist am vergangenen Dienstag in Bremen gefallen. ma
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