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Hoffnung bei Australiens kleinen Parteien

Bei den Wahlen am 24.März könnten erstmals Linke und Grüne den Sprung ins australische Repräsentantenhaus schaffen / Premierminister Hawke hat Chancen auf Wiederwahl / Wirtschaft und Umweltschutz sind die beherrschenden Wahlkampfthemen  ■  Von Bernd Dittmers

1990 - ein Jahr der Wahlen hier in Europa.

Aber nicht nur bei uns wird Demokratie gespielt. Weitgehend unbeobachtet von der Weltöffentlichkeit tobt seit Mitte Februar auch „down under“ der Wahlkampf. Um die Zusammensetzung ihres Repräsentantenhauses und des halben Senats neu zu bestimmen, müssen am Samstag die 10,4 Millionen AustralierInnen ihrer Wahlpflicht genüge leisten. Und es verspricht spannend zu werden!

Zwar räumen die meisten Umfragen dem Ministerpräsidenten Bob Hawke gute Chancen ein, mit seiner ALP, der „Australian Labour Party“, zum vierten Mal nach 1983 das Regierungsamt zu gewinnen. Aber der Vorsprung der ALP gegenüber der konservativen Koalition aus den „Liberals“ und der „National Party“ scheint, vor allem aufgrund der schlechten Wirtschaftslage, stark zusammengeschmolzen zu sein.

Das eigentlich Interessante an dieser Wahl ist allerdings die Frage, wie die kleinen Parteien abschneiden werden. Denn ein wachsendes Umweltbewußtsein und die allgemeine Unzufriedenheit mit den großen Parteien hat zu einem starken Anwachsen des Wählerpotentials der linken, grün orientierten Parteien und Gruppierungen geführt. So besteht, nachdem ALP und die Koalition seit Jahrzehnten die Frage der Macht allein unter sich ausmachten, erstmals die Möglichkeit, daß linke „Australian Democrats“ oder grüne Unabhängige den Sprung ins Repräsentantenhaus schaffen.

Bis jetzt hatte hier das Wahlsystem für die traute Zweisamkeit der Großen gesorgt. Denn ähnlich wie in Großbritannien muß für jeden Sitz im Repräsentantenhaus ein Wahlkreis mit mehr als 50 Prozent der Erst- oder Präferenzstimmen gewonnen werden. Ein System, das kleinere Parteien eindeutig benachteiligt. Nun aber dürfen sich besonders die „Australian Democrats“, die jetzt schon mit knapp 10 Prozent im verhältnisgewählten Senat eine entscheidende Rolle spielen, berechtigte Hoffnungen auf den einen oder vielleicht sogar anderen Sitz im Repräsentantenhaus machen.

Vor allem Janine Haines, die Vorsitzende, Senatorin und Spitzenkandidatin der „Democrats“ hat gute Chancen, ihren Wahlkreis in Adelaide zu gewinnen. Und da es nach einem Kopf an Kopf der beiden großen Parteien aussieht, könnten die zwei oder drei potentiellen Sitze der kleineren zum Zünglein an der Waage werden. Für die Medien stehen die kleinen Parteien schon längst als eigentliche Sieger der Wahl fest. Und neuesten Umfragen zufolge liegt deren Gesamtpotential bei 15 bis 20 Prozent der Stimmen.

Besonders bei der Labour Party ist die Sorge groß, an die kleineren fast ausschließlich links vom Zwei-Parteien -Spektrum stehenden Gruppierungen entscheidende Stimmen zu verlieren. In den vergangenen Jahren hat sich die ALP nicht zuletzt aus diesem Grund zunehmend dem Umweltschutz zugewandt. Überhaupt bestimmt „The Green Issue“ neben Wirtschaftsproblemen inzwischen weitgehend die öffentliche Diskussion und den Wahlkampf. Dabei dreht es sich weniger um Umweltverschmutzung als vielmehr um den Schutz der noch relativ reichlich vorhandenen Natur an sich. Dammprojekte, eine gefräßige Forstindustrie und der Bergbau, das sind vornehmlich die Bedrohungen, gegen die die australischen UmweltschützerInnen mit wachsendem Erfolg Sturm laufen. Im übrigen verstehen es die australischen Umweltorganisationen wie die Wilderness Society oder der ACF ganz gut, mit eigenen Werbespots in den Wahlkampf einzugreifen und die großen Parteien schon vorab zu Zugeständnissen zu bewegen. Gewachsenes Umweltbewußtsein bestimmte schon im Mai letzten Jahres den sensationellen Ausgang der Wahlen im Bundesstaat Tasmanien. Dort gewannen „Green Independents“ (Grüne Unabhängige) mit insgesamt 16 Prozent der Stimmen fünf der 35 Sitze im Parlament. Ein mittlerer Schock nicht nur für die dortige Labour-Party, die sich nur durch eine Art Duldungsvertrag mit den Grünen an der Macht halten konnte, der ihr selbst weitgehende Zugeständnisse vor allem in Umweltfragen abverlangte.

Es wird sich zeigen, ob das von Ministerpräsident Bob Hawke in den letzten Monaten verstärkt zur Schau getragene Umweltbewußtsein der Labour-Party eine weitere Enttäuschung ersparen kann.

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