: Weiter Ausgangssperre im kurdischen Cizre
■ Türkische Armee hat Schießbefehl / Brot ist knapp geworden
Istanbul (taz) - In der kurdisch bewohnten Stadt Cizre im Südosten der Türkei besteht weiter die Ausgangssperre, die am Dienstag verhängt worden war, nachdem Sondereinsatztruppen der türkischen Armee vier Zivilisten erschossen hatten und Straßenkämpfe zwischen Bevölkerung und Armee ausbrachen. Vereinzelt versuchen Gruppen Parolen gegen das Militär zu rufen. Die Armee hat Schießbefehl gegen alle, die sich nicht an die Ausgangssperre halten. Brot und Lebensmittel sind knapp geworden. Während der Innenminister 149 Festnahmen bekanntgab, berichten Augenzeugen von Hunderten von Festnahmen. Im teuersten Hotel der Stadt, wo die Journalisten unter Militärarrest stehen, ist der Service eingestellt: Das Personal ist bis auf zwei Mann von Soldaten weggebracht worden. In den umliegenden Städten Idil, Silopi und Midyat sind die Läden geschlossen.
Der türkische Ministerpräsident Yildirim Akbulut verteidigte den blutigen Militäreinsatz: „Die Sondereinsatztruppen schützen den Staat und die Nation.“ Der sozialdemokratische Oppositionsführer Erdal Inönü leistete dem Premier Schützenhilfe. Er bestritt staatliche Repression und machte „separatistische Kräfte“ verantwortlich. Demgegenüber beschuldigten Abgeordnete kurdischer Abstammung das Militär. Der Abgeordnete Adnan Ekmen sprach von „Staatsterror“, der Parlamentarier Ahmet Türk forderte eine parlamentarische Untersuchungskommission.
Tausende kurdische Studenten an den Universitäten Istanbul, Ankara, Izmir und Diyarbakir feierten unter dem Eindruck der Ereignisse in Cizre das traditionelle kurdische Frühlingsfest Newroz. Es wurden kurdische Parolen skandiert: „Es lebe der Aufstand des kurdischen Volkes“, „Guerilla schlag zu“, „Es lebe der Volksaufstand in Cizre“.
Neun Führungskräfte der staatlichen Wasserwerke nahe der südosttürkischen Stadt Elazig sind verschleppt und ermordet worden. Staatsnahe Kreise behaupten, daß die kurdische Guerillaorganisation PKK verantwortlich sei.
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