: Ausländergesetz: „Wir sind auch das Volk“
Grüne Anhörung zum Ausländergesetzentwurf der Bundesregierung zeigt, daß dieser verunsichert, statt Rechtssicherheit zu schaffen Regelmäßige Demonstrationen geplant - immer wieder montags, wie in der DDR / Grüne und AusländerInnen: „Nur noch die Straße“ ■ Aus Bonn Ferdos Forudastan
„Jawohl, wir wollen agitieren.“ So reagierte gestern vor der Presse in Bonn German Meneses, grüner Bundestagsabgeordneter, auf seinen Kollegen Johannes Gerster von der CDU/CSU-Fraktion. Dieser hatte eine gestrige Anhörung der Grünen zum umstrittenen Ausländergesetzentwurf der Bundesregierung als „Agitation“ bezeichnet. Die geladenen AusländerInnen waren nämlich zusammengekommen, um über Möglichkeiten des Widerstandes zu diskutieren. Ein Ergebnis dieses Austausches: Jeden Montag soll künftig in größeren und kleineren Städten gegen das Paragraphenwerk aus dem Hause von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble demonstriert werden. „Wir sind auch das Volk“ - unter diesem Motto wollen vor allem betroffene AusländerInnen auf die geplanten restriktiven Neuregelungen aufmerksam machen.
Viele Menschen ohne deutsche Staatsbürgerschaft würde das Gesetz hart treffen, entgegen der Beteuerungen von KoalitionspolitikerInnen verunsichert er die AusländerInnen, statt ihnen Rechtssicherheit zu geben - diesen Eindruck vermittelten schon die ersten paar Stunden der gestrigen Anhörung. Etwa als Diana Ramos, eine mit einem Deutschen verheiratete Philippinin beschrieb, wie sich die geplanten, schärferen Ausweisungs- und Abschieberegelungen auf philppinische Frauen auswirken würden: Sie könnten zum Beispiel ganz einfach schon am Flughafen „zurückgewiesen“ werden, weil ein deutscher Beamter den Verdacht hegt, ihr Aufenthalt werde nicht „dem angegebenen Zweck“ dienen.
Juan Orellana, Arbeiter aus Chile, zeichnete ein eindrückliches Szenario von den Auswirkungen des geplanten „Rotationsparagraphen“ 10 im Gesetzentwurf: Danach sollen ausländische ArbeitnehmerInnen einreisen dürfen, wenn die hiesige Wirtschaft sie braucht - mit Hilfe eines Federstrichs könnte der Innenminister sie wieder abschieben. „Junge, fitte, fähige Indianer herholen, sie ins Reservat stecken und nach Gebrauch wieder rausschmeißen“, so kommentierte der Chilene diese Regelung.
Eine geladene Türkin schilderte das fiktive Beispiel einer jungen türkischen Familie, denen die geplanten Neuregelungen es fast unmöglich machen würden, zusammenzuleben. So dürfte die Ehefrau erst nach etlichen Jahren nachziehen - wenn ihr Mann hier „angemessenen Wohnraum“ nachweisen kann.
Während die Türkin sprach, wurde ein Satz Flugblätter ausgeteilt: Die „Aktionsplattform gegen das Ausländergesetz“ teilte mit, daß sie gerade das Berliner Landesbüro der SPD besetzt habe. Anlaß der Aktion: Die Sozialdemokraten nutzten ihre Möglichkeiten nicht, um den Schäuble-Entwurf zu verzögern oder zu verhindern. Ähnliches warfen anschließend auch die grünen Abgeordneten Erika Trenz und German Meneses den Sozialdemokraten vor.
Die SPD-regierten Länder haben im Innenausschuß des Bundesrates die Mehrheit. Sie könnten, so Erika Trenz, auf einer „angemessenen Beratung“ des Entwurfs bestehen, der im sogenannten parlamentarischen Eilverfahren bis Ende dieser Legislaturperiode durchgepeitscht werden soll. Lediglich das Bundesland Schleswig-Holstein aber habe den Grünen bisher zugesichert, im Innenausschuß den notwendigen Beratungszeitraum einzuklagen. „Die parlamentarischen Möglichkeiten sind ausgeschöpft“, sagte Meneses und: „Jetzt bleibt uns nur noch die Straße.“
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