: Rockmusik als Schulkultur
■ W. Struthoff, Musik-Berater beim Kultur-Senator, über „sein“ 1. Bremer Schulrockfestival
taz: Wie wird man denn Berater beim Kultur-Senator und was macht man da?
Wolfgang Struthoff: Ich bin eigentlich Lehrer am Schulzentrum Walle, und da gab's denn auch mal schulpolitische Schwiergikeiten, und da hab‘ ich mich gekümmert, und bei diesem Kümmern ist man dann bekannt geworden. Mein Feld ist natürlich, wie bei vielen anderen auch, etwas beweglich zu machen ...
Geld etwa gar??
Ja klar. Und ich versuche mit dieser Berater-Tätigkeit, den Musikunterricht zu beleben, mit Impulsen zu versorgen.
Ein Impuls, mit dem Du den Musikunterricht versorgt hast, ist jetzt das 1. Bremer Schulrockfestival?
Das ist ein Rockfest, das gemacht wird, weil die Rockmusik in der Schule zu kurz kommt. Dafür gibt es mehrere Gründe: Es könnte ein Widerspruch sein, Rock und Schule, weil die Rockmusik ja Protestmusik ist, also die Schüler das vielleicht lieber raushalten wollen aus Schule. Es könnte aber auch sein, daß Rockmusik keine Protestmusik mehr ist, keine Jugendkultur mehr darstellt, die Rockmusik selber längst erwachsen geworden ist. Die Schule hat auf diese Art von Musik kaum reagiert.
Dieses Festival hat den Sinn, zu schauen, was ist überhaupt da. Das ist ja eine Grauzone.
Du hast Dir das Festival einfach so ausgedacht und bist mit der Idee hausieren gegangen?
Ja. Weil ich denke: Rockmusik gehört einfach zum Leben dazu, aber es gab noch kein Festival, was die Basis erfaßt hat. Zur Festival-Auswahl: Insgesamt haben sich 43 Gruppen angemeldet, die von einer Fachjury bewertet worden sind, das waren Arne Schumacher, Peter McCullum, eine Schülerin aus der Oberstufe und ein Schüler aus der Sek.I, ein Mitglied der Sparkasse, die das Festival auch unterstützt, und ich. Sechs, sieben Stunden haben wir alle Kassetten durchgehört und nach der Originalität bewertet. Covern, also nachspielen, war zwar erlaubt, aber die Virtuosität war weniger gefragt. Es sind eben Schülerbands und da spielt der
eine schon mal besser als der andere. Wir haben auch gekuckt, wie gut sie zusammenspielen. Eine Band spielte erst drei Tage zusammen, aber das Festival war schon ein Anstoß, daß sie sich überhaupt zusammengetan haben. Unter diesem Aspekt haben wir also sieben Gruppen ausgesucht, die am 27. März im Schlachthof alle eine halbe Stunde spielen werden. In den Umbaupausen werden Videoclips gezeigt. Die Schlachthof-Videogruppe hat kurze Videoporträts gemacht. Und als Bonbon für die Gruppen wird das Programm videomitgeschnitten für jedes Mitglied.
Was versprichst Du Dir davon?
Es sollte die Situation darstellen und klären. Die Gruppen sollen motiviert werden, sich selber zu organisieren. Beispielsweise durch eine Rockmusikerinitiative wie die im BGH Hemelingen, die in der Nachfolge der Rockwerkstatt die Rockszene wieder mehr organisieren möchte. Es wird übrigens nächstes Jahr ein Wettbewerb für Komposition ausgeschrieben. Und so geraten auch die Lehrer ein bißchen unter Druck, etwas zu tun. Daß z.B. in den Schulen wieder Instrumente gekauft werden. Wenn ich schaue, was für Bedürfnisse da sind. Es geht einfach nicht mit dem kaputten Orff -Instrumentarium, diesen Schlaginstrumenten, die schon in den Kindergärten benutzt werden, oder mit den Blockflöten; manche Kollegen spielen sogar die Beatles auf Orff -Instrumenten, weil sie kein Geld haben, das klingt natürlich nicht. Neue Schul-Instrumente
Wenn man mal 20 000 Mark rechnet an Neuausstattung für circa 100 Schulen pro Musik-Raum, und das ist nicht viel, dann sind das 2 Mio. Mark. Normalerweise haben die Musiklehrer vielleicht 200 Mark Jahresetat, wo dann die kaputten Seiten auf der Gitarre ersetzt oder ein bißchen Notenpapier gekauft werden kann. Übrigens: Es gibt im Herbst zum ersten Mal einen Fachtag Musik, wo alle Musiklehrer mal zusammenkommen können, um Perspekiven zu entwickeln. Gespräch: clak
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