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Scherbenhaufen

Trotz zehnwöchigem Kita-Streik wurde nichts erreicht  ■  K 0 M M E N T A R

Ob man die Forderung der ÖTV und der GEW nach einer tarifvertraglichen Regelung nun gutheißt oder nicht: Daß der längste Streik der Berliner Nachkriegsgeschichte ergebnislos abgebrochen wird, muß auch diejenigen nachdenklich machen, die die Arbeitsniederlegung der ErzieherInnen als ersten Großangriff der ÖTV auf den Staatshaushalt interpretiert haben. An der Niederlage gibt es nichts zu beschönigen, sie ist total. Daß sie es sein würde, war bereits seit längerem abzusehen. Umso demütigender müssen die ErzieherInnen die 14 -Mark-Aktion des Senats erlebt haben. Dessen Ankündigung, den Streikbruch zu finanzieren, war nicht nur rechtlich fragwürdig, sie war politisch gesehen überflüssig und in moralischer Hinsicht eine Karikatur auf die gerade vom rot -grünen Senat so oft beschworene neue Streitkultur.

Daß dieser Streik gescheitert ist, hängt zum einen mit der von ÖTV und GEW in luftiger Höhe angebrachten Meßlatte zusammen. Zum anderen, und das hätten die Gewerkschaften wissen müssen, konnte mit dem Kita-Streik allein nicht genügend Druck erzeugt werden. Daß ErzieherInnen über Wochen die Betreuung von Kindern verweigern, bringt nur die Eltern in Schwierigkeiten. Während streikende ArbeiterInnen ökonomisch Druck machen können, weil nicht produziert wird, entstand bei dem 70tägigen Kita-Streik nur für den Innensenator ein Rechtfertigungszwang. Die Rechnung der Gewerkschaften, ein rot-grüner Senat werde einem solchen gesellschaftlichen Druck am ehesten nachgeben, ging nicht auf. Es ist paradox, aber mittlerweile muß man sich fragen, ob dieser Arbeitskampf in einem anderen Bundesland für die Gewerkschaften nicht erfolgreicher ausgegangen wäre. Die Angst vor einem Tarifvertrag nachfolgenden Gemeinheiten aus Bonn wäre dort möglicherweise einer pragmatischen Haltung gewichen, doch diese Stadt hängt wie keine andere am Bonner Finanz-Tropf.

Selten zuvor haben Frauen eine so herausragende Rolle in einem Arbeitskampf gespielt. Angesichts der großen Enttäuschung über das Ergebnis wird das so schnell auch nicht mehr passieren. Zum zweiten: Das bisher gute Verhältnis zwischen dem SPD-geführten Senat und der GEW/ÖTV ist auf Jahre hinaus zerstört. Die AL hat die SPD in ihrer Rolle als Erfüllungsgehilfe der Gewerkschaften abgelöst. Daß sich der Partnerwechsel ausgerechnet bei einem Konflikt mit der ÖTV und der GEW vollzieht, wird die SPD auch innerparteilich in Schwierigkeiten bringen.

CC Malzahn

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