: Maden im Speck-betr.: "Der Geschmack von Freiheit und Adenauer", taz vom 20.3.90
betr.: „Der Geschmack von Freiheit und Adenauer“, taz 20.3.90
(...) „Wir sind ein Scheiß-Volk“, meint Mathias Bröckers ob des - von mir im Bekanntenkreis schon vorher prophezeiten DDR-Wahlergebnisses. So hätten die Schilys, Fischers, Hartungs, Bröckers - und wie sie alle heißen, diese vom Egozentrieb geplagten Späterfolgsheimkehrer des Kapitalreichs - das wohl gerne: Mitten im Speck - und sei es auch nur der des taz-Einheitslohns (mir erscheint dieses Gehalt eher wie ein Magerquark. d.sin) - sitzen, sorglos die materiellen kapitalistischen Errungenschaften genießen, dabei anderen zuschauen, wie sie unter höchstem persönlichem Risiko Revolutionen machen (was bei uns längst überfällig ist); und dann mit den Fingern auf sie zeigen, wenn letztere im Brechtmotto „Erst kommt das Fressen, dann die Moral“, untergehen. Natürlich, gemeinsam suhlt sich's besser. Deshalb macht Herr Bröckers flugs alle Welt zu seinen Grunz -Komplizen. „Wir sind ein Scheiß-Volk!“
Frei nach Peter Paul Zahl möchte ich ihm da mit aller Entschiedenheit entgegnen: Das sollen die Bröckers unter sich ausmachen und mich da rauslassen! (...)
Werner Schlegel, Essen
Wozu hat er eigentlich seine Intelligenz, der Herr Intelligenzia? Wieso ist er so überrascht und aus den Wolken fallend, so daß ihm nur noch fäkale Flüche einfallen? Hat er es sich nicht wenigstens als Möglichkeit, Wahrscheinlichkeit denken können, um darauf klug, umsichtig, verantwortlich zu antworten?
Es bedarf nicht viel Hirn, grobe Ähnlichkeiten zwischen „nach Hitler“ und „nach Stalin/Honecker“ zu sichten. Schon ein bißchen Überlegung mehr würde darauf bringen, daß immerhin ein ganz gravierender Unterschied besteht, nämlich einfach der, daß wir diesen Ablauf „nach Hitler“ schon kennengelernt haben, daß wir schon ein wenig klüger sind, und so handeln können.
Und darauf kommt es doch jetzt an, aus dem Vorteil des Nachher etwas zu machen. (...)
Wann halten die „Großwortmacher“ mal inne und fangen an zu denken, zum Beispiel auch über ihre eigene Verantwortlichkeit, über die eigenen Fehler.
Jan Gilles
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