: ÖPNV: Behinderte wieder draußen?
■ Rollstuhlfahrer: BSAG verzögert Bestellung neuer Busse zugunsten von Daimler Benz
„Allen mobilitätsbehinderten Personen (ist die) die Möglichkeit zu schaffen, den ÖPNV zu benutzen.“ So steht es zumindest in einem Beschluß der Bürgerschaft vom 10.März 1988. Ob den guten Vorsätzen jetzt auch die Praxis folgt der grüne Bürgerschaftsabgeordnete Horst Frehe hat daran jetzt Zweifel angemeldet.
Frehe, gleichzeitig Mitglied im Bremer Fahrdienst-Forum, einem Zusammenschluß von Behinderten, befürchtet, daß die Straßenbahn-AG bei ihrer nächsten Bestellung wiederum Busse
ohne Hebebühnen ordern könnte. 30 neue Niederflurbusse will die BSAG im nächsten Winter einsetzen. Zur Zeit verhandelt die BSAG mit drei Anbietern: MAN, Daimler Benz und Neoplan.
Die Entscheidung sei sicher nicht ganz unbeeinflußt, glaubt Frehe und hat auch eine Erklärung für die immer wieder verzögerte Bestellung: Daimler Benz sei schließlich größter Arbeitgeber in Bremen, kann Busse mit Hebebühne jedoch zur Zeit noch nicht anbieten.
Für verantwortungslos hält
Frehe, wenn die BSAG deshalb warten würde, bis auch Daimler Busse mit Hebebühnen im Programm hat. Seine Forderung: Sofortige Bestellung der bewährten Neoplan-Busse, von denen seit Frühjahr 1988 35 im Einsatz sind. Die RollstuhlfahrerInnen des Bremer Fahrdienst-Forums haben die Neoplan-Busse inzwischen getestet. Ihre Erfahrungen waren durchweg positiv. Die Hochpflasterung von Haltestellen sei ebensowenig eine Lösung für die RollstuhlfahrerInnen wie der Einsatz zusätzlicher Rampen.
BSAG-Sprecher Wolfgang Pietsch bestätigte gestern, daß noch keine Entscheidung über den künftigen Bus-Lieferanten gefallen sei. Begründung: Der offizielle Begleitforschungsbericht zur Erprobung der Neoplan-Busse liege noch nicht vor. Außerdem seien Hebebühnen störanfällig. Im übrigen schiebt Pietsch den „schwarzen Peter“ der SPD zu. Wer die nächsten BSAG-Busse liefern darf, sei auch eine politische Entscheidung.
hajo
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