: „Reale Chance“ für eine neue Umweltpolitik in der DDR nach der Demokratisierung?
■ Hoffnungen auf hohen Ökostandard am Rande des Umwelttechnologieforums / BRD stellt eine Milliarde Mark für DDR-Umwelt zur Verfügung
Berlin (dpa) - Zwischen der Bundesrepublik und der DDR besteht Übereinstimmung, einen möglichst hohen Standard in Umweltfragen so schnell wie möglich einzuführen. Die Demokratisierung der Verhältnisse gebe der Umweltpolitik in der DDR eine „reale Chance“, sagte der stellvertretende DDR -Umweltminister Alfons Hesse am Montag zu Beginn des Berliner Umwelttechnologieforums „UTECH“. Die Bevölkerung habe sich am 18. März „klar für Marktwirtschaft, Entwicklung und Lebensqualität“ ausgesprochen. Der wichtigste Orientierungspartner für ein „neues Kapitel Umweltschutz“ in der DDR sei die Bundesrepublik.
Die DDR wird nach Angaben Hesses alle angebotenen Kredite in Anspruch nehmen und darüber hinaus mit Sanktionsgeldern bei Umweltschädigung den Umweltschutz finanzieren. Die bisherige Vorstellung, erst mit einer starken Industrialisierung könne Ökologie berücksichtigt werden, habe sich als falsch herausgestellt, betonte der DDR -Minister.
„Es darf nicht passieren, daß in der DDR nur deshalb investiert wird, weil dort der Umweltschutz noch billig ist“, meinte Staatssekretär Clemens Stroetmann vom Bundesumweltministerium. Zusammen mit dem Nachtragshaushalt stünden in diesem Jahr eine Milliarde Mark für den Umweltschutz in der DDR als verlorener Zuschuß der Bundesrepublik zur Verfügung. Die Bundesregierung werde Umweltschutzmaßnahmen mit einem sehr hohen technischen Niveau dann zeitlich strecken, wenn mit den gleichen Mitteln in der DDR ein höherer Umweltentlastungseffekt erzielt werde. Es sei ein schwer erträglicher Zustand, sagte Stroetmann, daß eine Stadt wie Dresden über keine Kläranlage verfüge und alle Abwässer ungefiltert in die Elbe leite. Die Bundesregierung werde sich darüber hinaus verstärkt bemühen, schon im Produktionsprozeß Umweltverträglichkeit durchzusetzen.
Das Umwelttechnologieforum „UTECH Berlin“ wird fünf Tage lang in 18 Einzelkongressen mit begleitender Umweltschutzausstellung über 2.600 interessierte Fachleute zusammenführen, darunter schätzungsweise ein Viertel aus der DDR. Schwerpunkte sind die Verhinderung und Sanierung von Boden- und Grundwasserverunreinigungen, die Asbestsanierung, Energiekonzepte, die umweltgerechte Stadtentwicklung und der Umweltwissenstransfer in die DDR.
Berlins Wirtschaftssenator Peter Mitzscherling (SPD) sagte, der Senat denke daran, Berliner Förderprogramme für kleine und mittlere Unternehmen der DDR zu öffnen, damit die dortige Wirtschaft „möglichst zügig an das Leistungsniveau im Westen herangeführt werden kann“. Überlegt werde auch, wie DDR-Unternehmen in das Umweltberatungsprogramm des Senats einbezogen werden könnten. Der Senat engagiere sich auch beim Aufbau eines Technologie- und Gründerzentrums in Ost-Berlin. Auf eine Frage zum zukünftigen Standort der EG -Umweltagentur sprach sich Stroetmann erneut für Berlin als Standort aus.
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