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Therapie-Sitzung für Rot-Grün

■ SPD schiebt kommunales Ausländerwahlrecht auf die lange Bank / Zurückhaltende AL-Reaktion / Renate Künast zur Fraktionsvorsitzenden gewählt

Bitte Decken und Turnschuhe mitbringen: Die Fraktionsvorstände der AL und der SPD treffen sich heute zu einer Entspannungsübung. Bei dem Spitzengespräch soll unter anderem erörtert werden, wie die beiden Parteien künftig bei „sozialen Fragen“ gemeinsam auf einen Nenner kommen können. Denn zwischen den Fraktionen von AL und SPD herrscht offensichtlich ein deutlich besseres Arbeitsklima als im Senat.

Erneut getrübt wurde die Stimmung gestern durch die Ankündigung der SPD, das von der rot-grünen Koalition angestrebte kommunale Wahlrecht für AusländerInnen nicht vor einer endgültigen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zu verwirklichen. Vorausgegangen waren Sitzungen der Fraktion und des Landesvorstandes der SPD. Die Abstimmungen sind nach Angaben des SPD -Fraktionssprechers Stadtmüller knapp ausgefallen.

Stadtmüller beteuerte, die SPD wolle in Sachen Ausländerwahlrecht „nicht wegtauchen“. „Wir wollen weiterhin Anhörungen dazu machen“, erklärte er. Ein entsprechender Antrag zur Einführung des kommunalen Ausländerwahlrechts war erst vor kurzem mit den Stimmen von SPD und AL im Ausländerausschuß des Abgeordnetenhauses verabschiedet worden.

Bei der AL stieß die Entscheidung der SPD - im Grunde eine Bestätigung ihrer Position vom Oktober - auf Unmut. „Das haut uns nicht vom Hocker, macht uns aber auch nicht zufrieden!“ meinte AL-Sprecher Noe zu der Sache. Nachdem das Bundesverfassungsgericht im Oktober letzten Jahres in Form einer einstweiligen Anordnung das eingeschränkte kommunale Ausländerwahlrecht in Schleswig-Holstein außer Kraft gesetzt hatte, wird in Fachkreisen damit gerechnet, daß das BVG auch seine Hauptentscheidung negativ fällt. Die Entscheidung der Karslruher Richter wird für Ende dieses Jahres erwartet. AL -Sprecher Noe bedauerte, daß die SPD sich hier „mutlos und zögerlich“ verhalten habe.

Zur Nachfolgerin von Heidi Bischoff-Pflanz wurde gestern die 34jährige Rechtsanwältin Renate Künast als Fraktionsvorsitzende bestimmt. Frau Künast wurde nach Angaben von Noe mit 14 Stimmen bei zwei Enthaltungen gewählt. Der AL-Abgeordnete Michael Haberkorn kam mit 11 Stimmen in den Fraktionsvorstand.

ccm/anb

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