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Neue Offenheit

Der Romancier Vargas Llosa führt in Peru einen ungeschminkten Wahlkampf: 500.000 Entlassungen angekündigt  ■ Das Wirtschaftsportrait

Ein populistischer Verführer ist Mario Vargas Llosa nicht. Die Wahlkampfreden des Romanciers und aussichtsreichsten Kandidaten für die peruanischen Präsidentschaftswahlen im April könnten prosaischer nicht sein. 500.000 Staatsangestellte will Vargas Llosa entlassen, wenn er in dem krisengeschüttelten Land die Regierung übernimmt. Das Streikrecht, so tönt er, müsse stärker reglementiert, der kostenlose Schulunterricht teilweise abgeschafft werden.

Vargas Llosa profiliert sich geradezu als Fanatiker der freien Marktwirtschaft. Er will alle Preiskontrollen aufheben und nicht weniger als 70 Staatsunternehmen verkaufen, von den staatlichen Bergwerken über die Telefongesellschaft und den Zoll bis zu einzelnen Abteilungen von Ministerien. Staatsangestellte sind in seinen Augen untätige Schmarotzer und die festangestellten ArbeiterInnen eine privilegierte Minderheit, die auf Kosten der Mehrheit von Gelegenheitsjobbern, StraßenhändlerInnen, Arbeitslosen und ungeschützten, „informellen“ Beschäftigten ihre sozialen Sicherheiten verteidigt.

In der Geschichte der lateinamerikanischen Politiker ist Vargas Llosa ein Novum. Mit seiner ungeschminkten Offenheit setzt er auf den Kampf um die ideologische Hegemonie anders als etwa Carlos Menem in Argentinien, der seinen Wählern und Wählerinnen das Blaue vom Himmel versprach, bevor er sie einer neoliberalen Roßkur unterzog; oder der bolivianische Sozialdemokrat Jaime Paz Zamora, der eine soziale Abfederung der marktwirtschaftlichen Sanierungspolitik ankündigte, bevor er sie noch schonungsloser als sein Vorgänger praktizierte. Seit Beginn seiner steilen politischen Karriere im August 1987 stand für Vargas Llosa der ideologische Kampf für „Freiheit“ als Synonym für Marktwirtschaft stets im Vordergrund.

Mitte 1987 hatte die Regierung Alan Garcias versucht, die beginnende Wirtschaftskrise durch die Verstaatlichung der Banken in den Griff zu bekommen. Das war die Stunde Vargas Llosas, der fortan als Wortführer einer bürgerlich -mittelständischen „Freiheits„-Kampagne gegen die Verstaatlichungspläne und den damit „drohenden Totalitarismus“ zu Felde zog. „Der Literat als Bannerträger der Bankenbosse“ titelte die taz damals spöttisch, und selbst seine eigenen Freunde konnten sich den Schriftsteller nicht als erfolgreichen politischen Führer der peruanischen Rechten vorstellen. Bis heute ist Vargas Llosa innerhalb des rechten Oppositionsbündnisses FREDEMO (Demokratische Front) wegen seines arroganten, wenig volkstümlichen Auftretens und seiner undiplomatischen Schärfe eine umstrittene Figur.

Aber der Erfolg scheint ihm recht zu geben, sein Wahlsieg gilt als sicher. Bei einer Meinungsumfrage im Lima und Callao, wo mehr als ein Drittel der peruanischen Bevölkerung lebt, lag Vargas Llosa Ende Januar bei 53 Prozent, weit abgeschlagen hinter ihm sein stärkster Rivale, der Sozialist Alfonso Barrantes mit 15 Prozent, und schließlich Henry Pease von der „Vereinigten Linken“ und Luis Alva Castro von der regierenden APRA mit jeweils acht Prozent.

Gabriela Simon

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