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Kanzlerkandidat Lafontaine bleibt auf Kurs

Bei seiner endgültigen Nominierung durch den Parteivorstand plädierte Lafontaine gestern für die Beibehaltung seiner Strategien / SPD-Optimismus für die Bundestagswahlen / Der Saarländer setzt auf das Thema des drohenden Sozialabbaus bei einer Vereinigung  ■  Aus Hannover Jürgen Voges

„Die Wahl in der DDR hat, wie so oft, das Meinungsbild in der deutschen Öffentlichkeit verändert“, so stimmte der SPD -Kanzlerkandidat Oskar Lafontaine gestern die 140 Mitglieder des SPD-Parteirates ein. Im hannoverschen Hotel Maritim sollten sie die endgültige Nominierung des Saarländers durch den SPD-Vorstand einstimmig befürworten. Doch zuvor warnte Lafontaine seine Genossen „vor dem immer zu beobachtenden Meinungsgezappele“. Er könne nur dazu raten, „daß politische Strategien durchgehalten werden“. Für Oskar Lafontaine war gestern die Bundestagswahl am 2. Dezember „noch nicht gewonnen“. Aber er sah für die SPD „gute Chancen“. Auch wenn es jetzt nach der DDR-Wahl heiße, Kohl habe sich schon durchgesetzt, könnten die Sozialdemokraten auf einen Trend vertrauen, „der nicht das Ergebnis kurzfristiger Veränderungen ist, sondern das Ergebnis langfristiger Umbrüche, in denen Wählerschichten sich anders orientieren“.

Mit Ausnahme der Landtagswahl in Hessen habe die CDU seit 1987 jede Wahl im Bundesgebiet verloren, führte der gestern nachmittag dann auch vom Parteivorstand förmlich nominierte Kanzlerkandidat zum Beleg an. „Als CDU-Kanzler“, so ging er dann Helmut Kohl forsch an, „würde ich mich einsargen lassen“, „wenn ich bei dieser konjunkturellen Lage und der jetzigen außenpolitischen Situation jede Wahl versieben würde“.

Das „Durchhalten politischer Strategien“ war abschließend auch das eigentliche Thema von Lafontaines gestriger Kandidatenrede. Mit roten Kopf und mit dem Wasserglas gegen die trockne Luft ankämpfend, handelte der saarländische Ministerpräsident nacheinander die Themenkomplexe Deutschland- und Europapolitik, Abrüstung und die Programmpunkte einer zukünftigen SPD-Regierung ab. Oskar Lafontaine blieb dabei: „Deutsche Einheit definiert sich nicht über Grenzen oder Bündniszugehörigkeit, sondern durch die reale Lebenssituation der Menschen.“ Die deutsch -deutsche Währungsunion müsse „Hand in Hand gehen mit einer europäischen Währungsunion“. Gegen die Absicht der CDU, die Nato durch die Vereinigung „bis zur Oder-Neiße-Grenze auszudehnen“, setzte Lafontaine, „ein europäisches Sicherheitssystem, in dem die Länder zusammenarbeiten, die einmal der Nato und dem Warschauer Pakt angehört haben“.

Oskar Lafontaine will die sozialen und ökologischen Themen, auf die sich die SPD in mühevoller Programmdiskussion geeinigt hat, im kommenden Bundestagswahlkampf nicht in der nationalen Frage untergehen lassen. „Wenn wir von deutscher Einheit sprechen, geht es nicht in erster Linie um eine nationalstaatliche Einheit, es geht um das Wohlbefinden der Menschen“, sagte der Kandidat gestern. „Wir werden nicht zulassen, daß der Prozeß der deutschen Vereinigung mißbraucht wird, um Stück für Stück soziale Gerechtigkeit abzutragen.“

Für die nächste, die niedersächsische Landtagswahl, verbreitete Lafontaine allerdings alles andere als Optimismus. Gleich nach dem Bekenntnis: „Wir wollen die Niedersachsenwahl gewinnen“, folgte gestern die Einschränkung: „Wenn sich unsere Erwartungen in Niedersachsen nicht erfüllen, dann ist daraus nicht zu schließen, daß Kohl die Bundestagswahl gewonnen hat.“ Der niedersächsische SPD-Spitzenkandidat Gerhard Schröder bat denn gestern auch die in Hannover anwesende SPD-Prominenz inständig, „im niedersächsischen Wahlkampf mitzuhelfen“. Für Schröders Wahlkampf kommt Lafontaines Thema - die finanziellen und sozialen Folgen der deutschen Vereinigung wohl zu spät. Nur auf eines konnte Gerhard Schröder gestern schon hinweisen: Schon jetzt bedroht die kommende Währungsunion seiner Meinung nach die Häuslebauer in Niedersachsen. Schon die Ankündigung der Währungsunion habe die Hypothekenzinsen um drei Prozent in die Höhe getrieben. „Viele Familien müssen jetzt ihre Häuser aufgeben“, warnte Schröder, „und treffen auf einen Wohnungsmarkt, der ihnen keine Chance gibt.“

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