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Ergänzung und Stellungnahme-betr.: "Die deutsche Linke im Wandel der Zeit", taz vom 20.2.90, und "Nie eine Chance für den Dritten Weg", taz vom 12.3.90

betr.: „Die deutsche Linke im Wandel der Zeit“, taz vom 20.2.90, und „Nie eine Chance für den Dritten Weg“, taz vom 12.3.90

Nun hat auch die historische Kommission der SPD den „demokratischen Sozialismus“ für die Zukunft abgeschrieben. Langsam verstehe ich, warum führende Sozialdemokraten und Gewerkschaftsführer das Wort „Sozialismus“ meiden und als überholt betrachten.

Ich hatte schon in meinem Artikel vom 20.2.90 zum Sozialismus Stellung genommen. Im obigen Rückblick wird von Annäherungsversuchen zwischen SPD und KPD gesprochen. Warum kein Wort über Dr.Kurt Schumacher? Schumacher hat jede Annäherung zur KPD schon vom Beginn in Hannover (Jacobstraße 10, Parterre) abgelehnt. Wir, die KPD, hatten im selben Haus im IV.Stock unser erstes Büro.

Wer die Protokolle oder Berichte von der Gründung der SPD in Wennigsen am Deister und die Gespräche mit den Vorsitzenden der SPD, Grotewohl und Fechner, kennt - die nicht mal in den Saal gelassen wurden - weiß, daß der Vorschlag, eine gesamtdeutsche SPD zu bilden, ausgeschlagen wurde.

Ich muß an Willi Albrecht erinnern: Kurt Schumacher: Ein Leben für den demokratischen Sozialismus.

1. Schumacher glaubte 1945 endlich sein Lebensziel, aber nur mit und über die SPD in der Westzone erreichen zu können.

2. Zu spät erkannte er, daß dies nicht ohne Vertreter der Arbeiterklasse möglich war.

3. Ein Gesamt-Deutschland schloß er sogleich aus.

Bei dem Ernst der Lage zwischen den beiden deutschen Staaten klingt es beinahe lustig, wenn das Vorstandsmitglied der DDR-SPD, Rüdiger Nazius, erklärt, daß für sein Land der „Sozialismus“ auf längere Zeit nicht politikfähig ist. Wenn ihm gesagt wird: Laßt euch den Begriff nicht wegnehmen und er antwortet: Ich brauche den nicht!

Selbst wenn ich auf die bekannten Berührungsängste nicht eingehe, so glaube ich, die SPD beginnt drüben politisch da, wo wir hier geendet haben. Eine Frage dürfte wohl erlaubt sein, selbst wenn es nicht opportun ist: Was unterscheidet den „Dritten Weg“ vom Weg des „demokratischen Sozialismus“?

Martin Muschkau, Hannover

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