: Nur ein Interimsmann
■ Verwaltungsrat der Freien Volksbühne entschied sich für den Schauspieler Hermann Treusch als Nachfolger des geschaßten Intendanten Hans Neuenfels
Neuer Intendant des Theaters der Freien Volksbühne und Nachfolger des zum 1. April vorzeitig geschaßten Hans Neuenfels soll der Schauspieler Hermann Treusch werden. Der Verwaltungsrat des mit öffentlichen Mitteln getragenen privaten Theaters traf gestern eine entsprechende Vorentscheidung. Hiernach soll Treusch, der bisher schon Ensemble-Mitglied war, das Haus ab sofort für zunächst zwei Jahre leiten. Eigentlich sollte die Stelle sogar nur für ein Jahr besetzt werden, um in der Zwischenzeit ein neues Konzept zur Sicherung des Fortbestandes des krisengeschüttelten Theaters zu entwickeln. Auf eine solche enggefaßte Interimsregelung wollte sich aber offenbar kein Kandidat einlassen. Bloßer Konkursverwalter wollte niemand sein.
Der 53jährige Treusch, der von 1970 bis 1979 das Frankfurter Theater am Turm leitete, ist der Wunschkandidat des Ensembles. Durch ihn würde der Bestand der Belegschaft schon allein deshalb am ehesten gesichert, weil von außen kommende Regisseure in der Regel eigene Schauspieler mitbringen. Dennoch war Treusch, der von Anfang an auf einem Dreijahresvertrag bestanden hatte, nach der ersten Runde Anfang März wieder aus dem Rennen, weil er angeblich nicht die Persönlichkeit sei, die dem Theater eine neue Konzeption geben könnte. Ernsthafte Kandiaten waren außerdem noch der ehemalige Intendant Kurt Hübner, der Ostberliner Regisseur B. K. Tragelehn sowie der Intendant der Ostberliner Volksbühne, Rödel. Tragelehn wäre zu teuer geworden und der von der Kulturverwaltung favorisierte Rödel wurde - als angeblicher alter SED-Mann - von der Belegschaft rigoros abgelehnt.
Anfang dieser Woche war der Betriebsrat wegen Treusch aber noch einmal bei der Kulturverwaltung vorstellig geworden. Was die jetzt sich abzeichnende Lösung betrifft, so legt das Haus Martiny ausdrücklich darauf Wert, daß Treusch zunächst nur Interimsintendant ist. Nach wie vor ist im übrigen geplant, das Theater ab Herbst 1991 umzubauen und deshalb längere Zeit zu schließen.
grr
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