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Demokratie und Papier

■ Ein Gespräch mit dem algerischen Journalisten Mohamed Badaoui über die Presse in Algerien

Mohamed Badaoui: Es gibt drei oder vier verschiedene Verlagshäuser, die Zeitungen produzieren, in Arabisch und Französisch. Al-Sh'ab macht zwei arabischsprachige Tageszeitungen: 'Al-Sha'ab‘ und die Abendzeitung 'Al-Masa‘, hinzu kommen zwei Wochenzeitungen, die Kulturzeitschrift 'Al -Daou'a‘ („Das Licht“) und ein Sportmagazin. Dann gibt es Al -Moudjahid; die bringen zwei französischsprachige Tageszeitungen heraus, morgens 'Al-Moudjahid‘ und abends 'L'Horizon‘, eine Zeitung, die wie 'Al-Masa‘ geachtet ist. In der zweitgrößten Stadt des Landes, in Oran, gibt es Al -Jumhouriyya, die täglich zwei arabischsprachige Zeitungen produzieren. Hinzu kommt das Verlagshaus Al-Nasr, in dem drei oder vier neue Tageszeitungen erscheinen. Außerdem gibt es Wochen- und Monatszeitschriften wie etwa 'Algerie Actualite‘, die Monatszeitung 'Parcours Magrebins‘ und 'Actualite de l'Economie‘, die in Französisch und Arabisch erscheint. Schließlich ist noch 'La Revolution Africaine‘ zu nennen, eine Publikation der regierenden FLN-Partei, und natürlich viele Spezialzeitungen. Alles in allem gibt es etwa 30 Zeitschriften.

Shirley Eber: Ist eines dieser Verlagshäuser in Privatbesitz?

Nein, sie sind alle staatlich, aber es gibt eine Diskussion um ihre Zukunft. Die Situation der nationalen Presse hängt völlig von den politischen Bedingungen ab. Vor dem 5.Oktober 1988 (Brotunruhen in Algerien, Anm.d.Ü.) oder, genauer gesagt, vor dem 23.Februar 1989, vor der Verfassungsdiskussion, hatten wir eine Einparteien -Regierung, die der FLN. Sie war keine Partei im modernen Sinne, sondern voller innerer Widersprüche. Es gab eine Art versteckten Pluralismus, da innerhalb der Partei eine Vielzahl politischer Interessen zusammengefaßt waren, die miteinander um die politische Macht rangen. Wenngleich das nicht besonders sichtbar war, so konnte doch jeder, der innerhalb der Medien abeitete oder sie aufmerksam verfolgte, sehen, daß es Widersprüche zwischen den einzelnen Zeitungen gab. Die Rolle der Presse aber war lediglich, Entscheidungen mitzuteilen, Anweisungen zu geben, die von oben kamen, und sie der Basis zu erklären. Die Kämpfe fanden nicht in der Öffentlichkeit statt, aber es ist interessant, daß jede Zeitung oder Zeitungsgruppe, meiner Ansicht nach jedenfalls, dem Druck einer der Interessengruppen innerhalb des Systems ausgesetzt war.

Die Ereignisse im Oktober 1988 jedoch hatten eine politische Liberalisierung zur Folge. In der neuen Verfassung vom Februar 1989 wurde der politische Pluralismus als Prinzip anerkannt, und jeder politischen Partei wurde zugestanden, ihre eigenen Publikationen zu verbreiten. Die erste Zeitung dieser Art war 'Al-Mungidh‘ („Der Retter“), offizielles Organ der religiösen Partei „Front Islamique de Salut“, (FIS). Eine weitere Zeitung, und zwar mit kommunistischer Tendenz, ist die 'Alger Republicain‘. Früher war sie erfolgreich, aber Anfang der sechziger Jahre hatte sie ihr Erscheinen eingestellt. Zur Zeit versucht sie, Tageszeitung zu werden; aber da gibt es Probleme, da das Gesetz zur Registrierung unabhängiger Zeitungen noch nicht in Kraft getreten ist.

Schon vor dem Oktober haben Zeitungen diese Sprache aufgegeben, die wir „langue de bois“ nannten, leere Worthülsen und Phrasen wie „die Produktionsschlacht“, „die Errungenschaften der Revolution“ usw. Das heißt ja nicht, daß die Revolution keine Errungenschaften aufzuweisen hat, sondern nur, daß man sie mit Slogans glorifiziert hatte, die von jeder Bedeutung entleert waren. Es gab Zeitungen, die wegen ihrer neuen Sprache geradezu provozierten, besondes 'Algerie Actualite‘. Sie wurde zur Avantgarde und schuf einen gewissen Freiraum, was anderen, wie 'Al-Moudjahid‘ oder 'Al-Sha'ab‘, die seit je der strikten Kontrolle der Behörde unterstanden, nicht möglich war.

Es gibt ein weiteres wichtiges Charakteristikum der Presse in Algerien: die Dichotomie zwischen arabischsprachigen und französischsprachigen Zeitungen. Die arabische Presse ist immer sehr negativ eingeschätzt worden. Nehmen Sie zum Beispiel den Unterschied zwischen den beiden Abendzeitungen, der arabischen 'Al-Masa‘ und der französischen 'L'Horizon‘. Beide wurden um 1985 gegründet; kurz danach hatte 'L'Horizon‘ bereits eine Auflage von 250.000, 'Al-Masa‘ dagegen nur 20.000; dabei war 'L'Horizon‘ sogar immer schnell ausverkauft, während 'Al-Masa‘ einen Teil ihrer Auflage gar nicht verkaufen konnte. Meiner Meinung nach aber war 'Al-Masa‘ die einzige Zeitung, die die politische Liberalisierung wirklich voll ausnutzte, sie war tatsächlich viel besser als 'L'Horizon‘. Über die politischen Stürme berichtete sie professionell, objektiv und energisch. Ein Schlag ins Gesicht derjenigen, die immer davon ausgehen, daß die arabische Presse von Natur aus schlechter sei. Ich glaube, daß 'Al-Masa‘ auf dem Weg ist, die beste Tageszeitung Algeriens zu werden.

Tatsache ist, daß nach dem Oktober sich praktisch alles geändert hat, selbst die Regierung. Vorher war Algerien offiziell sozialistisch; in der alltäglichen Realität jedoch bestanden riesige Ungleichheiten. Auf der einen Seite entstand eine Bourgeoisie, die in empörendem Luxus lebte, während auf der anderen Seite die arbeitende Bevölkerung oder das Proletariat - obwohl dieser Terminus auf algerische Verhältnisse nicht paßt - in Armut lebte oder, vielleicht genauer, Mangel litt. Ihre Situation verschlechterte sich zunehmend, vor allem durch Arbeitslosigkeit und Wohnraummangel. Es gab dabei nicht deutlich herauskristallisierte Klassen, aber eben immer noch große Unterschiede zwischen der oberen und der unteren gesellschaftlichen Sphäre - während wir offiziell doch alle Sozialisten waren.

In der Verfassungsreform nach diesem Oktober ist nicht mehr die Rede von Sozialismus. Offiziell ist der Sozialismus vom Volk bestätigt worden, denn die Verfassung von 1976 definiert den Sozialismus als eines der wesentlichen Ziele des Landes, das nicht zurückgenommen werden darf. Aber in der geänderten Verfassung wird der demokratische Gedanke das zukünftige politische System bestimmen, durch Wahlen nämlich, wie es in jeder Demokratie der Fall ist oder sein sollte. Wir streben eine Demokratie an in dem Sinne, daß das Volk die Art der Regierung bestimmt, unter der sie lebt.

Was die Presse betrifft, so entstehen durch die neuen politischen Parteien und ihre Zeitungen eine Vielzahl der Stimmen und eine offene Opposition. Früher konnte man keine Kritik an der FLN veröffentlichen, weil es die Partei gab, die wiederum synonym mit dem Staat und der weiterhin deckungsgleich mit der Armee war. Jeglicher Bruch mit diesem Kodex wurde schwer bestraft. Jetzt, da politischer Pluralismus garantiert ist, kann es ein vielfältiges Angebot von Informationen geben, von links, rechts und der Mitte. So etwas war vor noch anderthalb Jahren kaum vorstellbar.

Welche Haltungen gibt es zum Gesetzesvorschlag eines neuen Pressegesetzes?

Das Gesetz, das die alte Regierung nach den Ereignissen im Oktober vorschlug, entsprach nicht den Vorstellungen der Journalisten, die es dann auch sofort öffentlich kritisierten. Nachdem verschiedene Gruppen ihren Einfluß geltend gemacht hatten, beispielsweise das „Mouvement des Journalistes Algeriens“, gab es eine zweite Lesung, und der Vorschlag wurde der Nationalversammlung ein zweites Mal vorgelegt. Dort fiel er durch. Zur Zeit ist ein veränderter Wortlaut vorgelegt worden, der einige Verbesserungen enthält. Zum Beispiel enthielt der ursprüngliche Vorschlag die Vorschrift, daß neugegründete Parteiorgane nur in arabischer Sprache zu erscheinen hätten; der neue Entwurf erlaubt den Parteien Publikationen in jeder gewünschten Sprache. Der alte Entwurf begrenzte die Anzahl der Zeitungen pro Partei auf zwei, während der neue keinerlei Begrenzungen vorschreibt. Außerdem gibt es jetzt eine „Gewissensklausel“, die Journalisten erlaubt, zu kündigen, wenn die Politik der Zeitungen gegen ihre Überzeugungen verstößt. Insgesamt gab es etwa fünf oder sechs Paragraphen, die ursprünglich nicht mit den Grundsätzen wirklicher Pressefreiheit übereinstimmten.

Sie haben mir einmal erzählt, daß es der Präsident war, der den ersten Entwurf abgelehnt habe.

Ja, aber das war auf den Druck bestimmter Gruppen zurückzuführen, besonders das Mouvement des Journalistes Algeriens, das wenige Monate vor besagtem Oktober gegründet worden war. Ihr Hauptanliegen war die Verbesserung der sozialen und beruflichen Bedingungen für Journalisten, mit anderen Worten: die Freiheit, ihrem Beruf nachzugehen, und gleichzeitig eine materielle Verbesserung. Denn es gibt viele Journalisten, die weder eine vernünftige Wohnung noch angemessene Büros oder ein anständiges Gehalt haben. Aber das Wichtigste war die freie Ausübung des Berufes. Diese Bewegung begann als kleines Grüppchen und wurde dann mehr und mehr zu einer Kraft, mit der die Regierung rechnen mußte, eine wichtige und öffentlich präsente Opposition. Nach dem 5.Oktober wurde der Verband offiziell anerkannt, seine Positionen werden mittlerweile ernstgenommen, auch von den herrschenden Kräften. Inzwischen ist der Verband selbst in eine Krise geraten; viele sind der Meinung, daß er sich zu sehr ins politische Geschäft eingelassen hat und von politischen Gruppierungen manipuliert wird. Insofern stagniert er etwas und muß wohl noch einen zweiten Anlauf machen. Es gibt inzwischen auch einen zweiten Journalistenverband, „Le Syndicat Democratique des Journalistes Algeriens“ (SDJA), der sich vom alten Verband abgespalten hat. Er besteht hauptsächlich aus arabischsprachigen Journalisten, denn selbst in diesem Verband gab es die Dichotomie, von der ich oben schon sprach und die ihre Wurzeln nicht nur in der Sprache, sondern auch in der Politik hat. Zur Zeit ist dieser zweite Verband allerdings klein und weniger einflußreich als der alte.

Sie selbst haben früher für 'Algerie Actualite‘ gearbeitet. Können Sie uns darüber etwas erzählen?

'Algerie Actualite‘ war schon vor dem Oktober 1988 sehr kritisch. Ich glaube, das kam auch daher, daß die Zeitung nicht von einem breiten Publikum, sondern eher von bestimmten Intellektuellen gelesen wurde und gewissermaßen elitär war. Immerhin - einige Leute empfanden die Zeitung als Vorhut und eine Art Zuflucht, da der Rest der Presse monolithisch war. Inzwischen hat 'Algerie Actualite‘ kräftig Konkurrenz bekommen von anderen Tages- und Wochenzeitungen und ist jetzt nicht mehr die einzige Zeitung, die sich um Wahrheit bemüht - wobei ich „Wahrheit“ in Anführungszeichen schreibe, sie ist nicht mehr die einzige kritische Zeitung. Wie ich schon sagte, sind 'Al-Masa‘ und teilweise auch 'L'Horizon‘ kämpferischer geworden; selbst bei 'Al -Moudjahid‘, der auflagenstärksten und halboffiziellen Zeitung der Regierung, bewegt sich in letzter Zeit etwas. Der übliche Spottname für 'Al-Moudjahid‘ war „Tout Va Bien“! Anders gesagt: Falls es Probleme gab, redete man dort nicht darüber. Es gab noch einen anderen Witz: „Warum heißt sie Al -Moudjahid ('Freiheitskämfer‘)? - Weil sie selbst unter Folter nicht die Wahrheit sagt.“ Paradoxerweise arbeiten bei ihr eine Menge ganz ausgezeichneter algerischer Journalisten, und gerade dort wird der Kampf um bessere Arbeitsbedingungen schon sehr viel länger geführt als irgendwo sonst.

Um auf 'Algerie Actualite‘ zurückzukommen, mir gefällt sie nicht mehr so gut wie früher. Als die Situation für die gesamte Presse des Landes sehr schlecht war, wagte sie es, Tabus zu brechen. Aber jetzt kann man über noch mehr Dinge reden, die früher Tabu waren.

Über was für Dinge?

Früher konnte man nicht über Streiks diskutieren, über politische Fehlentscheidungen, über Mängel im Konsumbereich usw. 'Actualite‘ wagte, bestimmte politische und soziale Probleme aufzugreifen, wie Sexualität, Religion, Drogen. Das war damals etwas vollkommen Neues für Algerien. Nach dem 5.Oktober war es die Zeitung, die sofort Position bezog. Ich erinnere mich gut daran, wie alle anderen Zeitungen praktisch ohne Ausnahme den „Vandalismus“ verurteilten, während 'Actualite‘ von „Unzufriedenheit und Frustration“ sprach, sich, mit anderen Worten, auf die Seite des Volkes stellte und die Unruhen als Ergebnis eines politischen und sozialen Mangels darstellte. Es war die erste Zeitung, die über Folter sprach und Aussagen von Menschen druckte, die gefoltert worden waren. Damals kaufte jeder 'Actualite‘. Ihr Ruf ist immer noch der einer Zeitung, die wagte, was andere nicht gewagt haben - aber sie hat jetzt Konkurrenz. Selbst 'La Revolution Africaine‘, das Zentralorgan der Partei, präsentiert jetzt interessante Diskussionen.

Wie funktioniert die Zensur heute?

Jede Zeitung hat mehrere Sektionen: Internationales, Politik, Kultur usw., und jede Sektion besteht aus einem Team von fünf oder sechs Redakteuren und einem Chef. Vorgeordnet ist der Chefredakteur, und über dem sitzt noch der Herausgeber. Nicht immer muß den Herausgebern von oben eingeflüstert werden, worüber besser zu schweigen ist, meistens haben sie das ohnehin verinnerlicht. Das ist zur zweiten Natur geworden. Und es gibt nach wie vor Themen, die nicht angefaßt werden dürfen, zum Beispiel internationale Beziehungen, Staatssicherheit, öffentliche Ordnung usw.

Ist es vorgekommen, daß Zeitungen verboten wurden, weil sie kritische Artikel gedruckt haben?

Ja, 'Algerie Actualite‘ ist einmal beschlagnahmt worden. Ich glaube, das war im Mai oder Juni 1989, also nach den Reformen; der Herausgeber hatte einen Kommentar gegen die Regierung geschrieben. Der damalige Minister für Information hatte die Beschlagnahmung angeordnet mit der Begründung, da der Artikel nicht als private Meinung, sondern offiziell als Kommentar dastand, müsse er ja wohl die politische Linie der Zeitung reflektieren. Die Beschlagnahmung war damals ein großer Skandal, die Journalisten haben heftig protestiert.

Dennoch bin ich optimistisch. Ich glaube, daß Algerien, vor allem verglichen mit der marokkanischen und tunesischen Presse, einen großen Sprung nach vorne gemacht hat. Journalisten werden zu einem Machtfaktor, und die Presse gewinnt daraus eine Stärke, die sie vorher nicht hatte.

Braucht man zur Gründung einer Zeitung eine besondere Erlaubnis oder Lizenz?

Nein, die Verfassung gestattet den Parteien, Zeitungen zu gründen. Was eine unabhängige Presse betrifft, so glaube ich, daß die kommen wird, sobald das Monopol gebrochen ist. Es gibt jetzt eine Diskussion über die sozusagen verbeamtete Presse. Es gibt Leute, die meinen, daß existierende Zeitungen wie 'Al-Moudjahid‘ und 'Actualite‘ an Privatleute oder an politische Parteien verkauft werden sollten und der Staat nichts mehr mit der Presse zu tun haben darf. Andere halten dies für gefährlich, weil dann nur diejenigen, die viel Geld haben, die Möglichkeit bekämen, ihre Meinung frei zu sagen. Sie argumentieren, daß wir die alten, staatlichen Zeitungen behalten sollten, und zwar als Vermittler zwischen Partei- und unabhängiger Presse. Es gibt auch die Position, daß die Zeitungen an ihre Journalisten verkauft werden sollten. Alles das wird zur Zeit diskutiert, aber ich glaube, daß die Entscheidung letztlich darauf hinauslaufen wird, diese Zeitungen so zu belassen.

Gibt es eine Untergrundpresse in Algerien?

Nein, früher gab es sie, aber jetzt gibt es eigentlich keinen vernünftigen Grund mehr dafür. In den siebziger Jahren hatte die algerische kommunistische Partei eine Zeitung, die hieß 'Sawt al-Sha'ab‘ („Stimme des Volkes“) und wurde auf Arabisch und Französisch publiziert. Ich weiß nicht, ob es noch andere gab. Aber jetzt gibt es keine Notwendigkeit mehr für eine Untergrundpresse, die Schaffung von Zeitungen ist ja per Gesetz erlaubt. Meiner Ansicht nach hat sich auf dem Gebiet der Presse in Algerien wirklich ein radikaler Wandel vollzogen.

Was jetzt die Presse beddroht, sind ganz enorme praktische Probleme. Im 'Parcours Magrebins‘, bei dem ich arbeite, gibt es große Schwierigkeiten. Als Monatszeitschrift haben wir einen Vorlauf von einem ganzen Monat. Der Fotosatz wird bei 'Algerie Actualite‘ gemacht, der Umbruch beim 'Al-Moudjahid‘ und die Farbe bei 'La Revolution Africaine‘, der Druck noch einmal woanders. Zu all dem kommt das Problem des Papiers. Papier ist in Algerien teuer, weil es importiert werden muß. Bis vor kurzem gab es das Einfuhrmonopol durch das Handelsministerium. Eine Zeitschrift wie 'Parcours Magrebins‘, die immerhin die gesamte nordafrikanische Region in ihrer Berichterstattung im Auge hat, könnte aus Papiermangel einmal nicht mehr erscheinen. Das hat eine Diskussion über Demokratie und Papier hervorgerufen: Wenn man eine Zeitung weder beschlagnahmen noch sonstwie zum Schweigen bringen kann, kann man ihr einfach das Papier verweigern! Ich denke, daß man langsam ein Bewußtsein für die Macht der Presse entwickelt.

Aber die algerischen Journalisten lassen sich auch nicht dumm machen von der sogenannten Pressefreiheit des Westens. In Frankreich gibt es zum Beispiel Einzelpersonen, die bis zu 30 Prozent der Medien kontrollieren. Die Vielstimmigkeit besteht also nur noch in einer riesigen Anzahl von Publikationen. Wenn Zensur in Algerien - und in der Dritten Welt allgemein - durch den Staat ausgeübt wird, so muß man auch sehen, daß im Westen und den entwickelten Ländern das Geld diktiert.

Das beste, was der Presse dieses Landes passieren könnte, wäre, daß sie nicht in die Falle des Sensationsjournalismus geht, wie die Zeitungen in Großbritannien und Japan zum Beispiel, sondern daß sie krude Wirklichkeit spiegelt und den Hoffnungen des Volkes für eine bessere Zukunft des Landes eine Stimme gibt. Wo es einen Mißstand gibt, muß man ihn benennen.

Das Interview führte Shirley Eber; sie ist Expertin für den Nahen Osten und Übersetzerin aus dem Arabischen (ins Englische).

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