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„Ich bin sehr pessimistisch“

John Aitchison leitet Projekt zur Gewalt zwischen rivalisierenden Schwarzengruppen  ■ I N T E R V I E W

In der südafrikanischen Provinz Natal hielten auch am Freitag die blutigen Kämpfe zwischen verfeindeten Schwarzengruppen an. Bis zum Freitag seien laut Polizeiangaben mindestens 36 Menschen getötet und Hunderte verletzt worden. Der südafrikanische Präsident Frederik de Klerk kündigte Maßnahmen seiner Regierung für den Fall an, daß die Gewalttaten nicht aufhören. Brennpunkt der Zusammenstöße innerhalb des Zuluvolkes zwischen Anhängern der Vereinigten Demokratischen Front (UDF) und der konservativen Bewegung Inkatha war auch am Freitag der Ort Edendale bei Pietermaritzburg.

taz: Wie ist es zu den Kämpfen in Natal gekommen, was ist der Hintergrund der Auseinanderzetzungen?

John Aitchison: Das ist eine ziemlich lange Geschichte. Im September 1987 gab es den ersten großen Konflikt in Natal. Aber die Konflikte geht wahrscheinlich bis auf die Zeit zurück, als die Vereinigte Demokratische Front UDF gegründet wurde (1983). Danach befürchtete Inkatha, daß die UDF der Zuluorganisation Unterstützer abnehmen könnte. Es gab auch Konflikte in der Gegend um Durban. Dort versuchten sich die Homelands Kwa Zulu einzelne schwarze Wohngebiete einzuverleiben. Die Bewohner dieser Gebiete weigerten sich aber, Teil von Kwa Zulu zu werden. Spannungen gab es auch zwischen der Gewerkschaftsföderation Cosatu und der Inkatha -Gewerkschaft Uwusa.

Im September 1987 wurde alles schlimmer, weil Inkatha versuchte, zusätzliche Mitglieder anzuwerben, um ihre Unterstützung in der Region zu festigen. Das hat viele Opfer gekostet. Seitdem ist die Gewalt ständig eskaliert, trotz verschiedener Friedensgespräche. Und jetzt ist wieder solch ein Höhepunkt erreicht.

Ist der Kampf zwischen den Fraktionen denn immer noch politisch motiviert?

Im Prinzip ja. Natürlich spielen andere Faktoren eine Rolle - Armut, soziale Entwurzelung, Kriminalität -, aber letztendlich ist es noch immer ein politischer Konflikt.

Es hat oft Vorwürfe gegeben, daß die Polizei sich auf seiten von Inkatha an den Konflikten beteiligt hat.

Ich halte dies für zutreffend. Es gibt überwältigende Indizien, daß die Polizei Inkatha unterstützt hat, nicht unbedingt direkt, sondern indem sie einfach nicht eingreift. Sie hätten die Gewalt ganz am Anfang stoppen können, haben aber nichts gegen die Inkatha-Anhänger getan. Wie in den letzten drei Tagen. Sie schlagen ihnen vor, nach Hause zu gehen. Aber sie entwaffnen sie nicht, verhaften sie nicht und schießen nicht auf sie. Zum Vergleich: Heute früh gab es einen vollkommen friedlichen Marsch von Frauen zur Polizeistation. Die wurden gewarnt, daß man auf sie schießen würde, wenn sie sich nicht auflösen würden. Einige Leute wurden verhaftet. Gegenüber den schwerbewaffneten Kriegsgruppen von Inkatha gehen sie nicht so vor.

Würden die Menschen es denn vorziehen, wenn Militär eingesetzt würde?

Zweifellos. An der Basis hätten die Leute es natürlich am liebsten, wenn Polizei und Militär verschwinden würden. Aber das Militär gilt als weniger parteiisch. In den letzten Tagen wurde das Militär aber nicht von der Polizei zu Hilfe gerufen, und unabhängig kann das Militär nicht eingreifen. Es gab gestern eine Schlacht auf einem Hügel, die das Militär beobachtete, aber es hatte wohl keinen Einsatzbefehl.

Gibt es Aussichten auf eine Konfliktlösung?

Kaum. Wir schätzen, daß etwa 12.000 Inkatha-Leute hier unterwegs sind und sich an Angriffen beteiligen. Das ist eine riesige Zahl, da muß es logistische Unterstützung geben. Das heißt, in der Inkatha-Hierarchie muß es eine entsprechende Entscheidung gegeben haben. Das ist natürlich ein schwerer Rückschlag.

Heißt das, das auch der Friedensaufruf Mandelas und Aussichten eines Treffens mit Zuluführer Mangosuthu Buthelezi sinnlos sind?

Das scheint jetzt sinnlos. Wenn es zu solchen Ausschreitungen kommt, worin liegt dann der Sinn solcher Treffen? Die Menschen an der Basis haben die Nase voll von diesen Friedensverhandlungen. Obwohl Mandela am 25. Februar sehr offen auf Inkatha zugegangen ist, hat Inkatha noch keinen unzweideutigen Friedensaufruf gestartet, sondern immer Einschränkungen gemacht. Ich bin sehr pessimistisch.

Interview: Hans Brandt

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