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Rot-Grün vor letztem Anlauf

Berlins Alternative Liste will mit der SPD Koalitionsgrundlagen neu verhandeln / SPD: Koalitionsvertrag bleibt / Neue AL-Fraktionschefin: Die Basis kann nicht nur Maximalforderungen stellen  ■  Aus Berlin Brigitte Fehrle

Die Alternative Liste hat einen - möglicherweise letzten Anlauf gemacht, um die rot-grüne Koalition mit der SPD zu retten. Nachdem am letzten Wochenende die Fraktionsvorsitzende Heidi Bischoff-Pflanz aus Frust über Senat und Parteibasis ihr Abgeordnetenmandat niedergelegt hat, haben sich die Parteigremien inzwischen berappelt und wollen der SPD einen neuen Vorschlag zur Weiterarbeit machen.

Mit „umfassenden Neuverhandlungen“, so beschloß es am Mittwoch allerdings mit knapper Mehrheit der Sonderdelegiertenrat der Liste, soll sowohl der neuen Situation in der Stadt nach Öffnung der Mauer als auch der gestörten Zusammenarbeit mit der SPD Rechnung getragen werden. Arbeitsgruppen soll jetzt bis nach Ostern Vorschläge erarbeiten, wie man der neuen stadtpolitischen Lage und der Gestaltung des Einigungsprozesses der beiden Stadthälften gerecht werden kann.

In dem Vorschlag steckt sowohl Kritik an den Sozialdemokraten über den rüden Ton, mit dem die Initiativen und Forderungen der AL abgebügelt werden. Er beinhaltet aber auch die Selbsterkenntis, daß die AL die Entwicklung nach Öffnung der Mauer verschlafen und defensiv an ihrer Position der Zweistaatlichkeit festgehalten hat. Gerade bei der Verfassungsdebatte hätte die AL eine herausragende Rolle einnehmen können. Aber auch das habe man den Sozialdemokraten und der CDU überlassen.

Die neue Fraktionsvorsitzende, die Rechtsanwältin Renate Künast, kritisierte auch die ungeklärte politische Haltung der Partei zur Koalition. Die Basis stelle immer wieder Maximalforderungen, mit denen keine Realpolitik gemacht werden könne. Das bringe sowohl die Fraktionäre als auch die Senatorinnen in eine schwierige Sizuation, da sie nie in der Lage seien, Kompromisse mit den Sozialdemokraten zu suchen. Frau Künast wurde deutlich: „Ich habe keine Lust mehr, mich in der Öffentlichkeit lächerlich zu machen.“ Sie stellt sich vor, daß die Parteibasis den Funktionären zwar politische Rahmenbedingungen formuliert, nicht aber beständig „Essentials“ diktiert. Sie stellt sich vor, jetzt mit den Sozialdemokraten sowohl ein sozialpolitisches Paket zur Sicherung der sozialen Situation der Menschen in Ost und West zu erarbeiten als auch in der Verfassungsdebatte Bonn Paroli zu bieten. „Berlin soll zeigen, daß es auch anders geht.“

Erstmals hat in einem rot-grünen Regierungskonflikt auch eine Parlamentarierin Konsequenzen gezogen. Das gibt der „Krise“ eine neue Qualität. Und das, so hofft wenigstens die Alternative Liste, wird auch die SPD begreifen.

Doch bislang kommen kaum hoffnungsvolle Signale. Der Fraktionsvorsitzende Staffelt will von Neuverhandlungen jedenfalls nichts wissen. Es gebe zwar vieles, über das man neu reden müsse, meint er, doch dazu gebe es in den vorhandenen Gremien ausreichend Gelegenheit.

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