: Ein „Karussel“ nicht für jeden
■ Heftige Kritik an Hausverbot für Ausländer und Sinti in Leeraner Diskothek
Kerstin Dombrowski freute sich „tierisch“ auf ihren allerersten Abstecher zu der Diskothek „Karussel“ auf dem Gelände des früheren Zoologischen Gartens in Leer-Logabirum. Sie war gespannt auf den Musikschuppen, hatte schon Vielversprechendes über die heißen Töne und die bombige Stimmung gehört. Doch die dreißig Kilometer Autofahrt von ihrem Heimatort Aurich nach Leer-Logabirum enden für die junge Frau mit einer Menge Wut im Bauch.
Als Kerstin Dombrowski und ihr Verlobter Einlaß begehren, werden sie abgeschmettert: „Ausländer und Zigeuner haben keinen Zutritt.“ Die Boutiquen-Besitzerin hat einen „Schönheitsfehler“: Sie ist Sinti. Und soll nun für vermeintliche Missetaten einiegr Weniger aus dem Volk der
Sinti und Roma büßen.
In einem der Presse übergegebenen Brief an den „Karussel„ -Besitzer Werner Froese versucht Kerstin Dombrowski anschließend, den bekannten ostfriesischen Geschäftsmann ins Gebet zu nehmen. „Wir sind uns keiner Schuld bewußt, um so gedemütigt zu werden - ganz im Gegenteil“, schreibt sie und fügt hinzu, es stimme sie „rasend traurig, wegen unserer Abstammung abgestuft zu werden“. Direkter Vorwurf an die Adresse von Werner Froese: „Sie lassen uns jugendliche Sinti, Nachfahren einer fast ausgerotteten Minderheit, nicht am gesellschaftlichen Leben teilnehmen.“
Kerstins Mutter, Martha Dombrowski, ostfriesische Bezirksleiterin und Bundesvorstandsmitglied der Gesellschaft für be
drohte Völker, hat nun die Öfdfentlichkeit um Unterstützung gegen „die als demütigend empfundenen rassistischen Zurückweisungen“ in dem Leeraner Tanzschuppen gebeten.
Verschiedene Organisationen wie die Grünen Ostfrieslands, die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN/BdA), die DFG/VK und der Kreisvorstand des DGB in der Stadt Norden verurteilten mittlerweile die „Karussel„-Maßnahme als „rasssistisch und faschismusfördernd“.
Und die Jusos im SPD-Unterbezirk Aurich wollen gemeinsam mit den Sintis in der Region jetzt ein Aktionsbündnis gegen die Diskrimierungen schmieden und allen Einfluß geltend machen, „damit kulturelle Vielfalt als Chance und nicht als Gefahr begriffen wird“.
Beim „Karussel„-Management wird bislang kein Anlaß zu einem Kurswechsel, zur Aufhebung der Eintrittssperre für Sintis und Romas gesehen. Man habe mit krummen Geschäften „dieser Kreise“ schlechte Erfahrungen gesammelt und handele im Interesse eines „reibungslosen, störungsfreien“ Betriebsablaufes, heißt es. Das Hausrecht wolle man sich nicht antasten lassen.
„Herr Froese macht es sich zu leicht“, verwahrt sich Kerstin Dombrowski. „Er schlägt alle Sinti über einen Leisten“, als ob es unter den Deutschen keine schwarzen Schafe gebe. „Wäre ich wie Herr Froese“, rückt Kerstin Dombrowski die Relationen ins rechte Licht, „dann hätten nun alle Diskothekenbesitzer in meiner Boutique Hausverbot.“
Thomas Klaus
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