Schwarze Messen liegen im Trend

■ Berliner Religionswissenschaftler legt Studie zum Verhältnis von Jugendlichen zum Okkultismus vor / Für jeden vierten Jugendlichen gehört „Gläserrücken“ oder „Pendeln“ zum Alltag / Verhalten der Jugendlichen sollte nicht als „pubertäre Übergangserscheinung“ abgetan werden

Etwa drei Viertel aller Berliner SchülerInnen zwischen 13 und 20 Jahren wissen, was bei Satansmessen vor sich geht, wie „Kontaktaufnahmen“ mit verstorbenen Verwandten zu bewerkstelligen sind oder welche Spielregeln man bei „zukunftsweisendem“ Kartenlegen einhalten muß. Rund die Hälfte der PennälerInnen hegt ein „weitergehendes Interesse“ an diesen Praktiken, und für rund ein Viertel von ihnen gehören solche okkulten Praktiken genauso zum Alltag wie früher für Konfirmanden der Kirchgang. Das geht aus einer von der Senatsschulverwaltung unterstützten und jetzt veröffentlichten Umfrage hervor, die der an der Freien Universität arbeitendende Religionswissenschaftler Hartmut Zinser unter etwa 2.200 SchülerInnen in einem Berliner Bezirk gemacht hat. Zinser, Mitarbeiter am religionswissenschaftlichen Institut in Dahlem, wurde bei der Befragung von Mitgliedern der in Berlin arbeitenden „Eltern- und Betroffeneninitiative gegen psychische Abhängigkeit und geistige Freiheit in Berlin“ unterstützt.

Okkulte Praktiken wie Pendeln, Gläserrücken, Kartenlegen, „automatisches Schreiben“ und schwarze Messen liegen der Erhebung zufolge bei den Jugendlichen besonders im Trend. Mit der „Anrufung“ von Geistern und dem „Pendeln“ beschäftigen sich selbst 13jährige schon, schwarze Messen werden dagegen eher von älteren Jugendlichen praktiziert. Vor allem Mädchen haben einen Hang zu okkulten Praktiken: „Die haben doppelt bis dreimal soviele aktive Erfahrungen in diesen Dingen“, erläutert Zinser seine Erhebung.

Besonders erschreckend: Rund fünf Prozent der befragten SchülerInnen gaben an, sich aktiv oder passiv an Satansmessen zu beteiligen. Das sind bei 2.200 InterviewpartnerInnen immerhin 110 Personen. In dem Bezirk, der aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht genannt worden ist, wurde rund ein Viertel aller SchülerInnen befragt. Rechnet man das Ergebnis hoch, gehen also allein dort über 400 Jugendliche in ihrer Freizeit „zum Teufel“. In der Sparte der „Satansjünger“ findet man vor allem männliche Jugendliche.

Neben vorgegebenen Gründen wie „Neugier“, „Unterhaltung“ und „Interesse am Außergewöhnlichen“ konnten die befragten Jugendlichen auch eigene Antworten in den Bogen eintragen. Während Mädchen vor allem angaben, solche Praktiken auszuüben, „weil ich einsam bin“ oder „weil ich Angst habe“, begründeten die Jungen ihr dunkles Engagement oft mit Sätzen wie: „Ich bin Satanspriester!“, „aus Liebe zur Finsternis“ oder „weil ich mehr Macht haben will!“ Während bei den männlichen Befragten „sexuell aggressive Motive“ von Bedeutung seien, gebe es bei den Mädchen eher ein „Bedürfnis nach Sicherheit“, erklärte der Religionswissenschaftler der taz.

Zinsers Untersuchung ist die erste statistische Erhebung, in der Jugendliche nach okkulten Praktiken gefragt worden sind. Der Religionswissenschaftler warnte davor, das Verhalten der Jugendlichen als bloße „pubertäre Übergangserscheinung“ abzutun. „Das sind prägende Jahre!“ meinte Zinser. Wenn die Jugendlichen diese Form der Problembewältigung auch als Erwachsene in Spannungs- und Konfliktsituationen anwenden würden, könne das „zur Katastrophe“ führen.

ccm