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Viel Wohnraum frei

■ Fünf symbolische Hausbesetzungen in Delmenhorst

Delmenhorst ist ein prima Pflaster für Hausbesetzungen. Das bewiesen gestern nachmittag rund 30 junge DelmenhorsterInnen, die gleich fünf riesige, alte, seit Jahren leerstehende Villen besetzten, wenn auch nur symbolisch. „Villa steht leer, warum?“, fragte ein Transparent in der Oldenburger Straße. Und: „Häuser denen, den sie gehören.“ Und noch aus einem anderen Grund ist Delmenhorst offensichtlich höchst hausbesetzungsgeeignet: Die Passanten, egal welchen Al ters, sahen den symbolischen Besetzern mit viel Sympathie zu. „Eine Schande, daß so ein schönes Haus leersteht“, meinte eine grauhaarige, alte Frau zu den Frauen, die bei der Kantstraße vor einer anderen Villa auf dem sonnenüberfluteten Rasen saßen. Und ein Nissan Patrol-Fahrer kam auf die BesetzerInnen zu: „Ihr habt doch bestimmt auch Unkosten“, meinte er und drückte einem 50 DM in die Hand.

Aktionen gegen die Wohnungsnot haben in Delmenhorst bereits eine kleine Donnerstags-Tradition. In der letzten Woche waren sie zum Info-Sit-In am Bahnhofsvorplatz, davor zur

Zeltbesetzung auf dem Rathausplatz. Zum einen wollen die Jugendlichen, daß die Stadt und das Land Niedersachsen eine aktive Wohnungsbaupolitik betreiben, zum anderen fordern sie Räume für einen kulturellen Treffpunkt.

Platz genug dafür wäre auch in zwei riesigen alten Villen, die den Deutschen Linoleum Werken gehören. Auch dort standen gestern einige symbolische BesetzerInnen - und bekamen unerbetenen und aufdringlichen Besuch. Drei Polizisten, alarmiert von einem Nachbarn, kamen vorbei, um gegen eine vermutete tatsächliche Besetzung vorzugehen. In Ermangelung von HausbesetzerInnen kamen die Herren auf die Idee, daß eine Fensterscheibe kaputtgeworfen worden sei, und das angesichts zahlloser vom Besitzer mutwillig zerstörter Fenster. „Wir wollen doch, daß die Häuser erhalten werden“, meinte eine Demonstrantin. Trotzdem: „Verdacht auf Sachbeschädigung“ meint die Staatsmacht und verlangt Personalien. Die Demonstranten lassen sich dadurch jedoch nicht provozieren. Die Aktion wird fortgesetzt.

hbk

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