: Schweigen aus Scham?
■ betr.: "Vom Ehren- zum Mahnmal" (Zum 70. Jahrestag des Kapp-Putschs ist in Essen ein politischer Reiseführer erschienen, der ein paar für die SPD peinliche Geschichten erzählt), taz vom 17.3.90
betr.: „Vom Ehren- zum Mahnmal“ (Zum 70. Jahrestag des Kapp -Putschs ist in Essen ein politischer Reiseführer erschienen, der ein paar für die SPD peinliche Geschichten erzählt),
taz vom 17.3.90
Hitler bedankte sich bei den Freikorps, indem er das Braunhemd, das Hakenkreuz und den Hitlergruß von ihnen abkupferte. Die SS übernahm die militärischen Rangstufen wie zum Beispiel Obersturmbannführer, welche die SA von den Freikorps geerbt hatte. Harburg bedankt sich noch heute bei einem von ihnen, dem Antisemiten, Drahtzieher des Kapp -Putsches und Führer der Eisernen Division, Hauptmann Berthold. Sein Gedenkstein „schmückt“ noch immer den Soldatenfriedhof, auch wenn die Aufschrift lautet: Naer Oostland willen wy ryden (Nach Ostland wollen wir reiten).
Zum Volkstrauertag wurden Kränze von CDU, SPD und Verband der Reservisten der Bundeswehr mit folgenden Aufschriften niedergelegt: „Im stillen Gedenken“, „Unseren Kameraden“ und „Den Opfern von Krieg und Verfolgung zum Gedenken“. Es ist grotesk: Hindenburg amnestierte 1925 alle Totengräber der Weimarer Republik, die Nazis benannten eine Schule nach Hauptmann Berthold und die Mitglieder der Harburger Einwohnerwehr Johannes Bremer und Otto Noack wurden im KZ umgebracht! Ihnen wird natürlich nicht gedacht, geschweige denn im Geschichtsunterricht auf ihre Zivilcourage hingewiesen.
Aufgrund einer Anfrage der GAL erklärte das Friedhofs- und Gartenamt des Kirchenkreises Harburg, daß es keine Veranlassung gibt, diesen Stein zu entfernen. Das Bezirksamt schweigt bis heute - vielleicht vor Scham?
Wolfgang Merten, Hamburg
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