: BRD-Firmen wollten Rabta komplettieren
■ Stuttgarter Firma als Vermittlerin für die fehlende Computer-Steuerungsanlage im Mittelpunkt der Ermittlungen/ Anlage wurde bei Siemens sichergestellt / Eine Firma ist im Nah-Ost-Handel bereits aufgefallen
Stuttgart (taz) - Die Stuttgarter Handelsfirma Rose Import -Export GmbH rückt immer mehr in den Mittelunkt des vor wenigen Tagen bekanntgewordenen neuen Rabta-Exportskandals. In der Stuttgarter Oberstaatsanwaltschaft, die erst zu Wochenbeginn den Fall aus Ulm übernommen hat, wird die Firma Rose als Vermittlerin des geplanten Exportgeschäfts von Teilen einer Computer-Steuerungsanlage angesehen. Auch scheinen sich die Hinweise zu verdichten, wonach die von dem Ulmer Rechen- und Ingenieurbüro abacus GmbH bei Siemens bestellten Anlagenteile über die niederländische Firma Kwient-Techniek nicht nach Saudi-Arabien, sondern nach Libyen geliefert werden sollte.
Oberstaatsanwalt Johannes Häcker erklärte, daß die Teile der Rechneranlage Teleperm-M die Karlsruher Siemens -Niederlassung jedoch nicht verlassen haben und dort vorübergehend beschlagnahmt wurden. Bei den Durchsuchungen am 19.März in den Geschäftsräumen der beiden Firmen Rose und abacussowie der Wohnung des abacus-Geschäftsführers Wolfgang Liebert seien keine Anlageteile gefunden worden. Auch die Siemens-Firmenleitung hatte erklärt, keine Komponenten der Teleperm-Anlage an abacus ausgeliefert zu haben.
Während abacus-Alleininhaber Liebert bereits am Mittwoch die Vorwürfe dunkler Exportkanäle bestritten und auf die Angaben der holländischen Abnehmer verwiesen hatte, ging das Familienunternehmen Rose auf Tauchstation.
Die Firma der vier Brüder Rose, die laut Handelsregister mit allem möglichen von Textilien, Autos, abgepackten Lebensmitteln bis hin zu Kommunikations-, Sicherungs- und Überwachungssystemen handelt, ist für ihre guten Beziehungen in den Nahen Osten bekannt. Auch das Geschäft im Bereich von Chemiewaffen ist für Rose offensichtlich nichts Neues: Auf einer Industriemesse in Riad präsentierte die Firma mit der Filiale Decotech S.A. aus Fribourg (Schweiz) ein C -Warngerät, schrieb der 'Spiegel‘ bereits im Januar 1989 in der Titelgeschichte zur Giftgasfabrik in Rabta. Bei der Staatsanwaltschaft geht man davon aus, daß die Firma ihre Handelsware nicht selbst bewegt, sondern lediglich Schreibtischgeschäfte tätigt.
Wer die Firma Rose eingesetzt und das geplante Rechnergeschäft in die Wege geleitet hat, bleibt offen. Fest steht allerdings, daß für die Herstellung von Giftgas in Rabta eben gerade jene Teile der Steuerungsanlage gefehlt haben, die die gefährliche Mischung aus den Einzelstoffen exakt dosiert. Mit der Teleperm-Computersystem können laut Siemens-Angaben so ziemlich alle technischen Produktionsanlagen gesteuert werden. Ein Rechner desselben Typs war vor einem Jahr von dem Lahrer Unternehmen Imhausen -Chemie nach Libyen verschifft worden.
Erwin Single
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen