: Bei der Premiere ein Eklat
(„Die Spielregel“, Frankreich 1938, heute in SAT1, 23.45 Uhr) Während der Jagdfeier auf einem französischen Schloß kommt es zu einer Woge entfesselter Leidenschaften, wobei sich Herrschaften und Diener gleichermaßen erbärmlich und hilflos zeigen. Die Feier endet in einer Katastrophe.
Bei der Premiere des Films „Die Spieregel“ am 7. Juli 1939 in Paris stand das Inferno vor der Tür, niemand wollte es wahrhaben. Das Publikum reagierte mit Pfiffen und lautstarken Protesten. Im Oktober 1939 nahm die Zensur den Film mit der Begründung, „er demoralisiere die Gesellschaft“, gänzlich aus den Kinos. Erst 1965 wurde er vollständig rekonstruiert wiederaufgeführt.
Der deutsche Literaturhistoriker Hans Mayer erkannte als einer der ersten den Rang dieses Films. „Ein großes dialektisches Kunstwerk“, schrieb er schon 1945, „naiv und satirisch, grausam und verspielt“. Jean Renoir, Sohn von August Renoir, schuf mit „Die Spielregel“ sein bedeutendstes Werk, und sein letztes vor der Emigration nach Amerika.
Die grandiose Art der Bildgestaltung und Montage, die kunstvolle Balance zwischen Komik und Tragödie, zwischen Satire und Symbolik, gibt dem Film eine faszinierend dichte Atmosphäre. Renoir, der auch das Drehbuch schrieb, ist selbst in der Rolle des Octave zu sehen und als englischer Diener der berühmte Photograph Cartier-Bresson.
Ein internationales Kritiker-Kollegium, vom britischen Cineasten-Blatt „Sight and Sound“ befragt, setzte „Die Spielregel“ 1972 auf Platz zwei der „besten Filme aller Zeiten“.
Wy
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen