: Mit Psychoterror gegen Knastrevolte
■ Gesamtes Strafvollzugssystem Großbritanniens möglicherweise vor dem Zusammenbruch
Dublin (taz) - Großbritanniens Knäste explodieren. Am Samstag abend weigerten sich 100 Gefangene im Dartmoor -Gefängnis in Devon, nach der Freistunde in ihre Zellen zurückzukehren. Sie besetzten einen Flügel und das Dach des 180 Jahre alten Gefängnisses. Ein Teil des Knastes ging bei der Revolte in Flammen auf. Auch im Gefängnis von Cardiff kam es gestern vormittag zu schweren Auseinandersetzungen, an denen über 200 Inhaftierte teilnahmen. Etwa die Hälfte verbarrikadiert sich in einem Gebäudeflügel. In Brixton begannen über hundert Gefangene am Sonntag einen Sitzstreik und weigerten sich, in die Zellen zu gehen. In der vergangenen Woche war es bereits in Perth, Winchester, Glen Parva, Wandsworth und Durham zu Aufständen der Gefangenen gekommen, die jedoch niedergeschlagen wurden.
Die Revolten gegen die unmenschlichen Haftbedingungen wurden durch die Aktion der Gefangenen im Strangeways -Gefängnis von Manchester ausgelöst, die vor acht Tagen begann. Gestern hielten noch immer 22 Gefangene einen Teil des Knastes besetzt. Polizei und Gefängniswärter haben sich inzwischen auf Psychoterror verlegt: Die Gefangenen werden pausenlos durch ohrenbetäubende Popmusik, Feuerwehrsirenen, Flutlicht und tieffliegende Hubschrauber am Schlafen gehindert. Im Hof schlagen Wärter in Kampfausrüstung rhythmisch auf ihre Schutzschilde und beschimpfen die Gefangenen als „Bestien“. Die Gewerkschaft der Gefängniswärter erklärte am Wochenende, daß das gesamte britische Gefängnissystem kurz vor dem Zusammenbruch stehe.
Ralf Sotscheck
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