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Hat Gaddafi die CIA gelascht?

■ US-Geheimdienst: Brand in der libyschen Giftgasanlage nur ein Kunstwerk

Der letzte Schrei aus Ghaddafis Giftgasküche: Viel Rauch um nichts. Glaubt man den Meldungen der renommierten 'Washington Post‘ vom Samstag, dann hat der für seine Verkleidungskünste berühmte Oberst aus der Wüste die amerikanische intelligence agency CIA voll gelascht. Nach neuesten Erkenntnissen aus ausgewerteten Satellitenfotos ist die angeblich bis auf die Grundmauern abgebrannte Giftgasküche in Rabta unversehrt. Statt Saboteuren sollen nun lediglich Malerkolonnen am Werk gewesen sein. So unglaublich es klingt, die CIA behauptet allen Ernstes, das Feuer sei an den Wänden der Fabrik aufgemalt gewesen.

Damit erreicht die seit Wochen von verschiedenen Stellen betriebene Desinformationskampagne um die libyschen Chemiewaffen ihren vorläufigen Höhepunkt. Angefangen hatte sie rund zwei Wochen vor dem vermeintlichen oder tatsächlichen Brand in der mit Hilfe deutscher Firmen gebauten, angeblichen pharmazeutischen Fabrik in der libyschen Wüste. Die Giftgasproduktion in Rabta, so die CIA und in ihrem Gefolge auch der BND zu Anfang des Jahres, sei in vollem Gange. Ghaddafi habe bereits etliche Tonnen Senfgas produzieren lassen. Die Reaktionen in den USA schaukelten sich hoch, bis die Bush-Administration plötzlich eine militärische Intervention nicht mehr ausschließen mochte. Zwei Tage danach kam die Brandmeldung. Während Ghaddafi am ersten Tag noch verbreiten ließ, es habe ein lediglich kleines Feuerchen im Maschinenraum gegeben, setzte die CIA voll auf Sieg. Das Ding sei bis auf die Grundmauern abgebrannt. Einen Tag später übernahmen auch die Libyer diese Version. Mit ordentlichem Schaum vor dem Mund verurteilte die Ghaddafi den Sabotageakt westlicher Geheimdienste - in die Favoritenrolle als Brandstifter gerieten ausgerechnet die Biedermänner aus Pullach. Die behaupteten zwar, sie hätten mal über etwas Ähnliches nachgedacht, um das Image der BRD wieder aufzubessern, tatsächlich seien sie es aber nicht gewesen. Sie hätten aber Informanten im Werk, die bestätigen würden, das der Schuppen hinüber sei. Damit waren vor allem die Amis beruhigt. Von einer militärischen Intervention sprach niemand mehr, laut CIA ist die Anlage auch jetzt - obwohl es ja nun doch keinen Brand gegeben haben soll, zur Giftgasproduktion nicht in der Lage.

jg

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