: „Stasi-Bodo“ schwärzt Momper-Mitarbeiter an
Ein anonymer Mitarbeiter des früheren Staatssicherheitsdienstes erhebt in 'Bild am Sonntag‘ schwere Vorwürfe gegen Momper-Mitarbeiter Ralf Hirsch / Der frühere Aktivist der DDR-Opposition weist die Anschuldigungen zurück / Momper stellt sich schützend vor Hirsch ■ Von Claus Christian Malzahn
Berlin (taz) - Der enge Mitarbeiter des Regierenden Bürgermeisters von Berlin, Ralf Hirsch, soll jahrelang bezahlter Agent der DDR-Staatssicherheit gewesen sein. Das behauptete jedenfalls 'Bild am Sonntag‘ in ihrer gestrigen Ausgabe. Das Blatt beruft sich auf Aussagen eines ehemaligen Oberstleutnants des Ministeriums für Staatssicherheit in Ost -Berlin. Der unter dem Tarnnamen „Bodo“ agierende Informant behauptet danach weiter, daß Hirsch, der seit Beginn der 80er Jahre in der DDR-Oppositionsbewegung arbeitete, seinen Freund Pfarrer Rainer Eppelmann an die Stasi verraten habe.
Der 29jährige Mitbegründer der „Initiative für Frieden und Menschenrechte“ wies die anonymen Anschuldigungen gestern entschieden zurück und leitete juristische Schritte ein. Er verlangte Einsicht in seine Stasi-Akten, rechtliche Schritte gegen die 'Bild'-Zeitung würden erwogen, erklärte er der taz.
Hirsch gab zu, im Jahre 1980 von Stasi-Mitarbeitern auf eine mögliche Zusammenarbeit angesprochen worden zu sein. Das habe er abgelehnt und Freunde aus der Oppositionsbewegung sofort über den Anwerbungsversuch informiert. Bestätigende Aussagen von Zeugen habe er sich am Wochenende schriftlich geben lassen.
Der Regierende Bürgermeister Walter Momper stellte sich gestern hinter seinen Mitarbeiter, der im Januar 1988 nach einer Demonstration verhaftet und in den Westen abgeschoben worden war. „Bis zum Beweis des Gegenteils werde ich die Aussage von ehemaligen hauptberuflichen Stasi-Mitarbeitern, die sich auch jetzt noch nicht mit Namen vorstellen, geringer achten als das Wort eines Menschen, den ich kenne und von dem ich weiß, daß er gegen das Unrechtsregime in der DDR aktiv gekämpft und dafür gelitten hat.“ Mehrere CDU -Politiker hatten nach Bekanntwerden der Vorwürfe die Suspendierung Hirschs vom Dienst gefordert. „Ich gehe Montag zur Arbeit!“ meinte der Momper-Mitarbeiter dazu auf Anfrage.
Momper forderte gestern, daß die Stasi-Akten, wie einst die NS-Akten, einer geordneten Kontrolle unterworfen und von einer neutralen Instanz ausgewertet werden sollen. Sonst werde auf Jahrzehnte das politische Klima in Deutschland von Stasi-Agenten vergiftet. „Wo kommen wir hin, wenn beliebige anonyme Behauptungen des Stasi jegliches Vertrauen in der Gesellschaft zerstören können“, meinte Momper weiter. Im März war durch die Veröffentlichung dreier, als streng geheim eingestufter Berichte des Ex-Stasi Chefs Mielke bekanntgeworden, daß Hirsch in den Akten als „Feind der DDR“ und „Schaltstelle subversiven Vorgehens gegen die DDR“ geführt wurde.
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