: Zeitungs-Streik für Ausbildung
■ Verleger wollen keine Vereinbarung über Journalisten-Ausbildung akzeptieren
Die Blätter der Bremer Tageszeitungs-AG (Bretag), Weser -Kurier und Bremer Nachrichten, erscheinen heute nur mit einer 8seitigen Notausgabe für die Anzeigen. Darauf einigte sich gestern nach einer Betriebsversammlung der Technische Leiter mit der Chefredaktion und der Anzeigenleitung.
Grund der Notmaßnahme: Die JournalistInnen im Bremer Pressehaus streikten. In einer Betriebsversammlung hatten sich ca. 80 Mitglieder der Redaktion und „Beobachter“ aus den technischen Bereichen am Vormittag über den Stand der Tarifverhandlungen in Frankfurt informiert, die gestern in fünfter Runde tagten. Nach Gewerkschaftsbeschluß sollte gezielt Druck gemacht werden: Die IG Medien und der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) protestieren gegen die Weigerung des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger (BDZV), einen Tarifvertrag über die Ausbildung der Volontäre ab
zuschließen. Dies hatte der BDZV bislang immer unter Hinweis auf den Tendenzschutz für Tageszeitungen abgelehnt.
Als einer der wenigen Susbildungs-Bereiche ist ausgerechnet die von JournalistInnen bis heute ungeregelt. Zwar ist es üblich und in einem Mustervertrag auch des BDZV vorgesehen, daß VolontärInnen verschiedene Redaktionen kennenlernen und nicht nur eine Schmalspur-Ausbildung absolvieren, aber vor allem in kleineren Blättern ist dies nicht selbstverständlich. Auch beim Weser-Kurier, so ein Gewerkschaftsvertreter auf dem Bremer Marktplatz, gebe es zum Beispiel den Fall eines Mitarbeiters einer Außenredaktion, der in fast zwei Jahren Volontariat nur im Bereich regionaler Sport gearbeitet hat. Vor allem in kleineren Redaktionen seien Volontäre billige Arbeitskräfte und lernten zu wenig von ihrem Beruf. „Die Journalisten -Ausbildung darf nicht einseitig den Besitzern von Pres
seunternehmern überlassen werden. Sie hat vielmehr demokratische Funktion und ist damit eine öffentliche Angelegenheit“, haben IG Medien und DJV in einem Appell für eine demokratische Presse festgestellt.
In mehr als 30 Redaktionen quer durch die BRD kam es gestern deshalb zu Arbeitsniederlegungen und Betriebsversammlungen, so auch in der Bremerhavener Nordsee -Zeitung. Ganztägig streikten neben den beiden Bremer Blättern der „Kölner Stadtanzeiger“ und der Kölner „Express“. In Bremen machten Journalisten einen Informationsstand auf dem Markplatz und hatten dabei berufsbedingt einen Vorteil, den andere Initiativen nicht haben: In der Vereinbarung zwischen Chefredaktion und Verlag sei vorgesehen, wußte man am Info-Stand, daß in der Notausgabe auf der Politik-Titelseite mit Foto über die Protest-Aktion und den Grund der Notausgabe berichtet werden sollte.
K.W.
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