: „Hier schiebt Sie ab: Herr Baus“
Saarländische Grüne gewinnen einen Prozeß gegen den Leiter des saarländischen Ausländeramtes in St.Wedel, der als NPD-Sympathisant rigoros AusländerInnen abschiebt / Karikatur in Grüner Wahlkampfzeitung ist zulässig / Innenminister Läpple soll Konsequenzen ziehen ■ Von Thomas Krumenacker
Das Büro des Mannes, der für ihr weiteres Schicksal in der Bundesrepublik maßgeblich verantwortlich ist, brauchen AusländerInnen in der saarländischen Kreisstadt St. Wendel nicht lange zu suchen. Aufkleber weisen ihnen den rechten Weg bis vor die Tür von Horst Baus, dem Chef des Ausländeramtes. „Ausländer raus - Deutschland den Deutschen“, „Ausländerstopp“ oder in Herzform geklebte NPD -Bekenntnisse „Ein Herz für Deutschland“ empfangen die BesucherInnen in der Kreisverwaltung. „Regierungsamtmann Horst Baus“, wie er sich vorstellt, ist ein sauberer Mann. Grüne mag er nicht, „weil die immer so ungepflegt sind“, „Das hasse ich“.
Daß ausgerechnet die ungepflegt daherlaufenden Ökos ihm jetzt eine juristische Niederlage beigebracht und dabei eher nebenbei einen Einblick in die Welt des St.Wendeler Ausländeramtes eröffnet haben, schmerzt Baus besonders. Mit einer Klage wollte der Amtmann den Grünen verbieten, weiter eine Karikatur zu verbreiten, die ihn bei der Arbeit zeigt. „Sie scheinheiliger Patron - wollen Sie mir weismachen, Ihr Leben sei in Palästina gefährdet?“, fragt der Amtmann in der Karikatur einen Heiligenschein-bewehrten Jesus. Auf dem Schreibtisch steht in der Karikatur ein Schild mit der Aufschrift: „Hier schiebt Sie ab: Herr Baus.“
Darin sah Baus eine Rufschädigung und Ehrabschneiderei. Das Saarbrücker Landgericht sah die Sache anders und gab in seinem jetzt schriftlich vorliegenden Urteil der künstlerischen Freiheit der Grünen Vorrang vor dem Bedürfnis des Amtmannes nach „Wiederherstellung meiner Ehre“.
Völkische Vergleiche en gros
Daß die in einem Wahlkampfblättchen veröffentlichte Karikatur der Grünen im Vergleich zur Realität eher moderate Kritik an der Einstellung des Ausländeramt-Chefs übt, beweist Baus jedem Besucher, der es hören will. Wenn der Amtmann ins Erzählen gerät, hagelt es massenweise völkische Gleichnisse und ausländerfeindliche Parolen: „Das Boot ist voll“, so die Grundeinstellung des mit der Duldung oder Abschiebung betrauten Amtschefs. Deshalb wohl ist er auch in seiner Behörde tagelang rumgelaufen und hat Unterstützerunterschriften für eine Kandidatur der NPD gesammelt, die im St.Wendeler Kommunalwahlkampf unter anderem mit der Parole „Schluß mit dem Asylantenunwesen“ Stimmen fangen wollte. Daß er Unterstützungsunterschriften im Amt gesammelt und selber eine geleistet hat, streitet Baus gegenüber der taz nicht mehr ab, gibt gleichwohl hehre Motive dafür an. Er, der „rechts von der Mitte“ stehe, halte es mit Voltaire, der gesagt habe: „Ich bin zwar nicht deiner Meinung, dennoch tue ich alles dafür, daß du sie frei äußern kannst.“
Sichtlich stolz ob solch philosophischer Höhenflüge, wiederholt er den Spruch gleich noch zweimal. Auf seine Arbeit habe seine politische Gesinnung „selbstverständlich“ keinen Einfluß, beteuert Baus, um im Gespräch gleich den Gegenbeweis anzutreten. Den Begriff der „de-facto -Flüchtlinge“, solche AsylbewerberInnen also, die zwar gerichtlich abgewisen sind, dennoch geduldet werden, übersetzt der Abteilungschef mit den Worten: „Das sind die, bei denen der Minister meint, er sei schlauer als die Richter.“ In Bayern gebe es davon nur wenige. „Die schieben rigoros ab“, schwärmt Baus. Überhaupt Bayern.
Dorthin schicke er schon mal bei ihm asylsuchende ahnungslose Menschen mit dem Hinweis, dort hätten sie bessere Chancen. Baus weiß es natürlich besser: „Die sind weg.“ Dem saarländischen Innenminister Läpple wirft er vor, ein „Herz für sie zu haben“, was sich in Asylantenkreisen rumgesprochen habe: „Die kommen mit dem Taxi aus Passau, um hier unterzuschlüpfen.“ Was eine Taxifahrt von Passau ins Saarland kostet, hat der korrekte Mann auch recherchiert. „Da habe ich gleich nachgefragt, 800 Mark, woher die bloß das Geld haben?“
Auf seinen obersten Dienstherren, Läpple, ist Baus nicht gut zu sprechen, seit der einen Abschiebebescheid von ihm vereitelt hat. Im Fall der achtköpfigen Familie will Baus aber nicht nachgeben. „Das hat mich schon geärgert, da mach ich jedes Jahr eine Anfrage zu denen“, erzählt er. Wie ernst der Mann, der in jedem Einzelfall die weitere Duldung der AusländerInnen prüfen soll, seine Arbeit nimmt, zeigt seine Einstellung, wer zu ihm komme sei „sowieso ein Wirtschaftsflüchtling“, wie er mit einer unwirschen Handbewegung unterstreicht. Gegen AusländerInnen hat der an einen Prototyp des deutschen Beamten erinnernde Baus „natürlich nichts“. Gleichwohl seien „die Türken die schlimmsten. Die sind „unverschämt und kennen sich besser in ihren Rechten aus als ich“. „Schwierigkeiten mit der Assimilation“ lägen „in der Natur der Sache“, zeigt Behördenchef Baus in verräterischer Sprache „Verständnis“.
Als im Herbst vergangenen Jahres in saarländischen Amtsstuben ein übles Pamphlet mit Ausländerwitzen der „Republikaner“ kursierte, zeigte sich Innenminister Läpple „zutiefst erschrocken“. „Eine derartige Ansammlung von menschenverachtenden und rassistischen Parolen habe ich noch selten erlebt“, sagte Läpple damals und kündigte an, hart durchzugreifen. Er werde es nicht hinnehmen, daß sich Angehörige des öffentlichen Dienstes an der Verbreitung ausländerfeindlicher Parolen beteiligen. „Für Ewiggestrige, die aus der Geschichte nichts gelernt haben, ist kein Platz im öffentlichen Dienst“, drohte der Minister mit Rausschmiß. Bei der Ausländerbehörde in St.Wendel wartet Arbeit auf Läpple.
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