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Die Reisewunschmaschine

■ Historische Reisefotografie in der Sparkasse

Daß Reisen eng mit Fotografie zusammenhängt, kann jeder Tourist bestätigen. Daß die Reiselust die Entwicklung der Fotografie entscheidend vorangetrieben hat, das belegt die Ausstellung „Ägypten zur Zeit Flauberts“. In Zusammenarbeit mit dem Fotoforum, das die faksimilierten Dokumente der Reisefotografie aus der Mitte des 19. Jahrhunderts aufgetrieben hat, stellt die Sparkasse in der Kassenhalle Am Brill die modernisierten Versionen der silberlegierten Reiseerinnerungen mehr oder weniger prominenter Ägyptenreisender zur Schau.

Schon vor der Entdeckung der Fotografie hatten reisende Landschaftsmaler oder die Zeichner, die zum Beispiel zum Tross des napoleonischen Ägyptenfeldzuges gehörten, mit ihren exotischen Bildern von der „Grand Tour“ beim bürgerlichen Publikum ein Interesse an orientalischer Kultur geweckt und eine Reisewelle in Richtung Osten ausgelöst. Die rasche Veränderung der Gesellschaft durch die Industrialisierung führte zu einer Suche nach neuen Erlebnisformen und zeigte die nachlassende Gültigkeit antiker Vorbilder. Diese Vorbilder wurden auf der Suche nach Ursprünglichkeit durch die Rezeption orientalischer, speziell ägyptischer Kultur ersetzt, wie der Fotohistoriker Dr. Kaufhold in seiner Einführungsrede ausführte. Die Entdeckung der ersten fotographischen Verfahren wurden denn auch als Möglichkeit zur detailgenauen Wiedergabe ägyptischer Kunstwerke gefeiert.

Die Reise- und Abenteuerlust der auf Zerstreuung bedachten Großstadtbürger wurde durch solche leicht von der Kamera zu produzierenden Bilder angefacht. Ein Teil dieser Reiseerinnerungen von Schriftstellern und Intellektuellen, unter anderem von Gustave Flaubert und seinem Freund Maxime DuCamp, die 1851 Ägypten bereisten, sind dank Foto-Technik der Nachwelt erhalten. Eine Abbildung zeigt den Dichter, den die sprachliche Verarbeitung der Reise-Eindrücke stärker interessierte, im Garten eines Hotels im französischen Viertel von Kairo.

Die Fotos sind zwar nach damaligen Verfahrensweisen abgezogen, sie wirken aber durch das neue Papier und ihre Tiefenschärfe erstaunlich alterslos. Ein großer Teil der abgebildeten Baudenkmäler Ägyptens sind heute allerdings zerstört oder umgesetzt.

Den Fotographen ging es damals jedoch nicht nur um die detailgetreue Ablichtung historischer Bauten, sondern viele Bilder zeigen bereits Gestaltungsmittel wie Licht- und Schattenwirkung und besondere Perspektiven. Von Menschen bei der Arbeit sind nur flüchtige Schatten zu erkennen.

Die Ausstellung kann noch bis zum 27. April besonders von dem Publikum angesehen werden, dem die Sparkasse Kunst und Kultur nahebringen will: den Besuchern ihrer Schalterhalle. Ein Katalog oder weitere Informationen zu den Fotos findet die Kundin jedoch nicht.

E.K.

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