: China schickt Truppen nach Xinjiang
■ In der nordwestlichen Region protestiert die moslemische Bevölkerungsmehrheit gegen Peking
Peking (taz/afp) - Nach antichinesischen Krawallen moslemischer Glaubensangehöriger hat Peking Truppen in drei Städte der nordwestlichen Region Xinjiang entsandt. Wie in Peking verlautete, wurden bereits am Freitag Soldaten nach Kashgar, Hoton und Kunqa geflogen. Moslems stellen den größten Teil der 13,8 Millionen Menschen zählenden Bevölkerung in Xinjiang - einer Region, die an die UdSSR, Afghanistan und das von Pakistan kontrollierte Kaschmir grenzt. Ausländische Reisende berichteten in der Hauptstadt Urumqi, daß Flug- und Bustickets nach Kashgar nicht ausgegeben worden seien. In Kashgar erklärte ein Sprecher des Außenministeriums am Dienstag, „die Situation sei nun wieder normal“. Die Proteste dementierte er jedoch nicht.
In dem kargen Gebiet - viermal so groß wie Frankreich liegen die Zentren der chinesischen Atomwaffenproduktion. In den angrenzenden zentralasiatischen Sowjetrepubliken kam es Anfang diesen Jahres zu gewalttätigen Protesten ethnischer Abspaltungsbewegungen. Abgeordnete aus Xinjiang schlugen darauf in Peking Alarm, daß die Ereignisse in Osteuropa auch auf die Region wirkten. Flugblätter von Untergrundbewegungen wurden beschlagnahmt und Aktivisten inhaftiert. Bereits im Mai 1989 hatten „Hunderte Randalierer“ das Hauptquartier der kommunistischen Partei in Urumqi gestürmt. Bei den Unruhen am 19. Mai waren 150 Polizeibeamte verletzt worden. Anlaß war ein in Schanghai publiziertes Buch, in dem ungewöhnliche Details über Sexualpraktiken der Moslems veröffentlicht worden waren.
Schon Anfang der achtziger Jahre war die heute etwa 160.000 Einwohner zählende Oasenstadt Kashgar Schauplatz von Ausschreitungen moslemischer Uiguren gegen die fünf Millionen Han-Chinesen. In der 1955 gegründeten autonomen Region leben vornehmlich Turkvölker wie die ca. sechs Millionen Uiguren, daneben Kasachen und Kirgisen, hinzu kommen Mongolen, Hui und die den Persern verwandten Tadschiken.
sl
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