piwik no script img

Deutscher Fernsehfunk mit Personalrat Reichen selbstbewußte Transparente?

■ Belegschaftsversammlung am Dienstag / DFF will dritte deutsche öffentlich-rechtliche Fernsehanstalt sein MitarbeiterInnen mit vielen Fragen/ Stimmung gereizt/ Personalrat mit 74 Prozent Beteiligung gewählt

Einträchtiges Murren wies darauf hin, wie beliebt der neue Innenminister bereits ist, zumindest bei den MitarbeiterInnen des Deutschen Fernsehfunks. Während der Belegschaftsversammlung am Dienstag nämlich kam Generalintendant Bentzien auf jenen zu sprechen. Herr Diestel habe verlauten lassen, nicht nur über die Staatsgewalt, sondern auch über die Medien wachen zu wollen. Ob der unwilligen Reaktion fügte Hans Bentzien hinzu: „Wir sind nicht dazu da, die Regierung zu bekämpfen.“ Aber wohl auch nicht, ihr den eben bestiegenen Sattel blankzureiben...

Von der Regierung unabhängig, „staatsfern“ (neudeutsch?), einzig und allein der Verfassung verpflichtet will das Fernsehen sein. Es drängt nun endgültig auf einen geänderten Status. Bei jener Zusammenkunft jedenfalls ließ ein Transparent wissen: „Der DFF - unabhängige und 3. öffentlich -rechtliche Fernsehanstalt in Deutschland“. Diese selbstbewußte Verkündung gibt aber die tatsächliche Stimmung in Adlershof nicht wieder. Die ist gereizt; wie wohl überall steht auch hier hinter dem Wort Zukunft ein dickes Fragezeichen.

Werden erstes und zweites Programm zu Rivalen? Beide wollen sich so profilieren, daß dem Zuschauer die Wahl schwer fällt. Das erste als „nobles Familienfernsehen“, wie es sein neuberufener Intendant Michael Albrecht formulierte. (Von Beruf Kameramann, machte er sich im Medienkontrollrat für seinen Betrieb stark, war entscheidend beteiligt an der Erarbeitung des Statuts, das in nächster Zeit zur Diskussion gestellt wird.)

Das ehemals „rudimentäre“ (Bentzien) Zweite entwickelte sich in den vergangenen Monaten zur echten Alternative. Allerdings fragten die KollegInnen mißtrauisch, warum dieser Sender neuerdings mehr Zuwendung erfährt (Technik, Design, Leute). Fakt ist jedenfalls, daß bisher kein deutsches öffentlich-rechtliches Fernsehen mit zwei Kanälen um Publikumsgunst wirbt.

Ein anderes angesprochenes Problem: Werden die künstlerischen Mitarbeiter ebenso wie bei ARD und ZDF als freiberuflich eingestuft? Die Antwort: Gedacht ist hier nur an Schauspieler, die selten vor der Kamera stehen, aber bisher ein erhebliches Gehalt bezogen.

Nächste Frage: Gelten die von der Modrow-Regierung beschlossenen statutarischen Grundsätze des Deutschen Fernsehfunks auch fortan?

Angesichts solcher Unsicherheit hat man etwas recht Vernünftiges getan. Immerhin 74 Prozent der Belegschaft wählten im letzten Monat einen Personalrat, der sich auf eben jener Versammlung vorstellte. 21 VertreterInnen repräsentieren die verschiedenen Bereiche Programmgestaltung, Produktion, Studiotechnik (die meisten Stimmen erhielt die Programmsprecherin Antje Garden).

Das Gremium verwies auf die vorläufige Betriebsverfassung, in der ihm Mitspracherecht bei wichtigen Entscheidungen eingeräumt ist. Es fühlt sich für Bestand und Entwicklung verantwortlich, will der Leitung wichtiger Partner sein. So muß der Rat in jedem Fall über geplante Entlassungen informiert werden, prüft, ob Möglichkeiten der Umlenkung, Umschulung angeboten wurden.

Eine demokratische Instanz, die beispielsweise beim Programmdirektor des SFB, Horst Schättle, einiges Stirnrunzeln verursachte. Er nannte es vor zwei Wochen bei der Jahrestagung der Gesellschaft für Film- und Fernsehwissenschaft der Bundesrepublik erstaunlich (weniger bewundernd als skeptisch), „was da an Partizipationsmodellen im DFF vorgesehen ist“.

L. K. /S. St.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen