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MIT SACK UND PACK

■ Vier Künstlerinnen aus Bremen polstern neben der Autobahn

Mühsam und finster ist das Leben des gewöhnlichen Papiersacks. Entweder mit Futter, Düngemitteln, Baustoffen oder Samen bis an die Haltbarkeitsgrenzen der Nähte vollgestopft oder jeden Inhalts beraubt und zur leere Hülle degradiert, entkommen die Säcke dem Dunkel der kaum gelüfteten Lagerhallen nur, um auf rumpelnde LKWs ohne jeden Ausblick auf die Landschaft verfrachtet zu werden.

Trübe und langweilig ist das Dasein eines geschlossenen Treppenhauses an einer Autobahnunterführung, das ehemals Passanten auf dem Weg zu einer inzwischen aufgegebenen Bushaltestelle an der Autobahn durchquerten. Jetzt ist es zur Sackgasse, zum Blindgänger unter den Treppen geworden; nur der Lärm des vorbeirasenden Verkehrs füllt den Raum über der stillstehenden Rolltreppe.

Vier Künstlerinnen aus Bremen (Edeltraut Rath, Christine Meise, Christine Prinz und Edith Pundt) haben die armen Säcke und das tote Treppenhaus zusammengebracht und erzeugen mit beiden die Vision einer anderen Nutzbarkeit. Sie entlasten die Säcke zwar von ihrer Funktion im Transportwesen; leer gestapelt, gehängt oder gefüllt behandeln sie sie aber dennoch sackgemäß. Ihre Installation paßt sich den Niveauunterschieden der Architektur des Treppenhauses an. Nur die Farbe verfremdet das Material.

Blau bemalt und mit kleinen Wellenlinien in flüchtigen Wasserfarben beschrieben, polstern voluminös ausgestopfte Säcke eine Wand. Im Gegensatz zu der realen Hetze des vorbeirauschenden Verkehrs verspricht die in Wolken und Meer getunkte Bläue imaginäre, meditative Weite. Gelb und rot gefärbt und auf eine riesige Rolle gewickelt, versperren die Säcke den Eingang wie der schlummernde Drache, der die Höhle bewacht, oder sie blasen sich - weniger romantisch - zu einem gigantischen Feuerwehrschlauch auf. In den Tarnfarben des Waldes, grün und braun gefleckt, werden die geschichteten Säcke zu einer einladenden Matte, die die Kälte der grauen Wandverkleidung dämmt. Der gestuften Schräge der Treppe angepaßt, hängen mit Acryl und Kaffeesatz in ledrige und rissige Häute verwandelte Säcke auf Kleiderbügeln aufgereiht. Sie signalisieren einen Zustand der Beschädigung und des Verrottens, der an die organische Herkunft des Papiers erinnert.

Rath, Meise, Prinz und Pundt, die seit zwei Jahren die Gruppe ECCE bilden, haben mit dem unscheinbaren, ärmlichen Material der Säcke und mit ein bißchen Farbe den Charakter des einsamen, abstoßenden Ortes verwandelt. Aus vielen übereinandergelegten Schichten von Papier gefertigt und in den Installationen noch einmal aufeinandergestapelt, werden die Säcke zu einem weichen Futteral, einer schützenden Hülle gegen die Kälte des Steins. Obwohl nur spärlich in ihren Formen, evozieren die Künstlerinnen vielfältige Assoziationen über die Beschaffenheit der Umwelt. Der Ort im städtischen Niemandsland, von Verkehrsstraßen eingeschnürt und aus einem lebendigen Umfeld herausgeschnitten, wird neu definiert als Landschaft für die menschliche Phantasie.

Katrin Bettina Müller

„Geschichtetes“ von Edeltraut Rath, Christine Meise, Christine Prinz und Edith Pundt, bis 27. April im TREPPENHAUS, Autobahnunterführung Albrechtstraße 129, Di-Fr 14-18 Uhr, Sa 11-14 Uhr.

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