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Neu im Kino: „Aufzeichnungen zu Kleidern und Städten“ von Wim Wenders

■ Mode, Männer und Video

Zwischen seinen großen Werken, mit denen er sich inzwischen ganz schön Zeit läßt, hat Wim Wenders immer kleine Tagebuchfilme gemacht, meist sehr persönliche, in der „Ichform“ erzählte Reisedokumentationen. In ihnen zeigt er seinen Stil, seine Manierismen und Vorlieben noch ungehemmter als in den Spielfilmen, und Wenders sagt ja auch selber, daß die Erzählstrukturen ihn eher stören, und das Drehbuchschreiben ist für ihn „die Hölle“.

Die kleinen Filme passieren ihm eher, so auch „Aufzeichnungen zu Kleidern und Städten“: eine Auftragsarbeit des Pariser Centre Pompidou, in der er den japanischen Modemacher Yohiy Yamamoto portraitieren sollte. Es gibt dann auch viele Interviewschnipsel mit Yamamoto zu sehen: der Meister bei der Arbeit, im Atelier, bei den Vorbereitungen einer Modenschau und natürlich auf dem Dach des Centre Pompidou, aber das erstaunliche an diesem Film ist, daß jedes Bild und jeder Ton purer Wenders sind - im guten wie im schlechten.

Die Gespräche und Wenders Kommentare dazu im Off haben seinen typischen Geruch von Männerfreundschaft. Die beiden unterhalten sich beim Spielen am Billardtisch, einer der typischen Ikonen von Wenders, und sie zeigen sich gegenseitig ihre Lieblingsbilder in Fotobüchern. Die Gespräche über Stil, Kleidung, Mode, Kunst und die Welt sind immer hochintelligent und interessant, aber auch ein wenig dröge. Manchmal zu weihevoll, zu prätentiös und humorlos und wenn die emsigen Assistenten von Yamamoto gar am Schluß zu seinen „Schutzengeln“ heraufgepredigt werden, wird das lächerlich.

Aber Wenders hat auch schon immer das Filmemachen selber zum Thema seiner Filme gemacht. Diesmal arbeitete er zum Teil mit der traditionellen und schwerfälligen Filmkamera, daneben aber sehr viel mit Video.

In seinen Kommentaren problematisiert er diesen Kontrast ganz ernsthaft, aber an den Bildern sieht man, was für einen fast kindlichen Spass er mit diesem neuen Spielzeug hatte. Da hält er einen kleinen Bildschirm vor einen großen Videoprojektor, und kann so nicht nur zwei Bilder auf einmal auf der Leinwand zeigen, was beim herkömmlichen Film bei der split-screen Technik nur sehr aufwendig im Studio möglich ist, er kann auch die Bildkomposition einfach dadurch ändern, daß er den Monitor woanders hinhält.

Bei einer seiner geliebten Autofahrten durch die nächtliche Großstadt hält er den Bildschirm mit dem sprechenden Kopf von Yamamoto in die Kamera, und einmal sieht man gleichzeitig zwei Videobilder auf Bildschirmen und darüber die Filmbilder der Modenschau auf Breitwandformat.

Das sind faszinierende Fingerübungen, aber all die klugen Sprüche, schwarzen Kleider und flimmernden Bildschirme ermüden auch nach einiger Zeit. In nur 79 Minuten wird einem der Film doch sehr lang, und so sitzt man in einem Kino vor der Leinwand, auf der einer nach Herzenslust mit Video herumspielt und würde am liebsten auch gerne auf den Schnelllaufschalter drücken dürfen. Wilfried Hippen

Cinema 20.45 Uhr

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