Der Yeti lebt!

■ Reinhold Messner hat den Schneemenschen gesehen

Über Reinhold Messner ist schon viel hergezogen worden, also jetzt: ein 1-A-Klasselob, nicht unbedingt wegen des Geständnisses im neuen 'Sports‘: „Wenn ich keine Liebe finde, gehe ich ein“, und wer will das schon?; sondern, weil der größte Bergfex nach Trenker offenbart: „Ich bin ein Anarchist in meinem Herzen.“

Sicher, die notorischen Spötter rufen nun „Und im Kopf, wie sieht's da aus?“, und halten Messner den Satz vor „Ich bin der Sonnenkönig“, weil das komisch zusammen klingt Anarchie und Absolutismus, aber gemeint ist vermutlich der absolute Anarchismus, und: „Daran beißen sich vor allem die Intellektuellen die Zähne aus.“

Deshalb also für heute von hier aus nur Jubel für den Liebesdurstigen: Alle 14 Achttausender hat er bestiegen, quer durchs antarktische Eis ist er gewandert; toll, ganz toll, wir könnten das nicht!

Jault da nicht schon ein Teil der Leserschaft getroffen, von wegen wir seinen „unkritisch“ etcetc.? Bitte, wenn's denn sein muß, weil: „Ich lebe genauso wie der Mensch vor hunderttausend Jahren“, das hätte nicht sein müssen, dazu nur soviel: Goretex-Anorak, Plastikschalenstiefel - alles klar, Reinhold? Auch in Vertretung von „Greenpeace“ darf man dir wohl etwas am Ohr ziehen! Zu behaupten, die Umweltschützer hätten bisher nicht erkannt, daß die Antarktis nicht unter Ländern aufgeteilt und ausgebeutet werden dürfe, das tat doch nicht not; schon, weil die nun wirklich seit Jahren für den antarktischen Naturpark gekämpft haben und du ja zugestehst, daß „der Umweltschutzgedanke nach meiner Rückkehr hinzukam“.

Aber bitte, soll man denn an solchen Kleinigkeiten herumkritteln, wo der Messner so schöne Geschichten zu erzählen hat? Wo er doch tief in unserer Phantasie herumwühlt, in der, genährt von Karl May und Jack London, zwei Fabelwesen ganz wild herumtollen: das Ungeheuer von Loch Ness und der Yeti. Und einen unserer Freunde lernen wir, dank der unerbittlichen Fragen des 'Sports'-Reporters A. Luik, heute kennen:

Haben Sie tatsächlich hoch oben in den Bergen den Yeti gesehen?

Messner: Ich habe nie gesagt, daß ich den Yeti gesehen habe.

Doch, doch - das haben Sie schon öfters gesagt. Und die ganze Welt hat darüber gelacht.

Das ist mir egal. Man muß mir genau zuhören: Ich habe gesagt, daß ich ein Tier gesehen habe, das genau dem entspricht, was die Sherpas in ihren Legenden als Yeti bezeichnen.

Ein Viech richtig aus Fleisch und Blut?

Ja, und ich werde irgendwann beweisen, daß es diese zwei Tiere aus der Legende tatsächlich gibt.

Wie bitte? Es gibt nicht nur einen, sondern gleich zwei Yetis?

Es sind eine schwarze Bären- und eine rote Affengattung. Der schwarze Yeti ist etwas größer als der Mensch und der rote etwas kleiner.

Sind die gefährlich?

Das weiß ich nicht. Die Tibeter sind da unterschiedlicher Ansicht. Ich glaube, sie sind nur gefährlich, wenn man sie aufscheucht. Dann muß man bergabwärts laufen, denn sie haben keine Angst vor Menschen.

Sie sind doch sonst so fix mit der Kamera, warum haben Sie uns kein richtiges Foto von den Yetis mitgebracht?

Weil ich von dem schwarzen Vieh überrascht wurde: Du gehst durch den Wald, du denkst an nichts, und da steht es plötzlich vor dir. Ich bin dann später nochmals mit der Kamera hin und habe tagelang gewartet. Aber die Viecher sind viel schlauer, als ich gedacht habe, und sie haben auch einen extrem guten Geruchsinn. Ich bin nicht nah genug an sie herangekommen, und es war schon dunkel, ich hatte auch keine Infrarot-Kamera dabei. Deshalb sind die Bilder nur unscharf.

Wie viele Yetis gibt es?

Ich habe große Angst, daß es von den roten nur noch ein paar Dutzend gibt. Von den schwarzen, die in einem Gebiet leben, in denen noch nie ein westlicher Wissenschaftler war, gibt es Hunderte.

Das soll ich Ihnen glauben?

Ich werde es der ganzen Welt beweisen. Ich habe dafür Zeit. Dieses Projekt liegt mir sehr am Herzen. Es ist mir so wichtig wie die Besteigung der Achttausender oder die Durchquerung der Antarktis. Ich werde es beweisen - egal, wie alt ich dann bin: ob 60 oder 70, egal.

Na bitte, da warten wir doch einfach darauf, wie's mit dem Yeti weitergeht und schließen vorerst mit der Messnerschen Erkenntnis: „Ich habe in der Antarktis gemerkt, daß Gehen meinem Wesen entspricht. Deshalb werde ich in dieser Richtung weitermachen. Der Mensch ist ein Fußgänger.“

Eben, und war's nicht das, was den Mensch vom Affen unterscheidet? Nein? Egal, der Yeti ist unser Freund, und Reinhold Messner auch!

Herr Thömmes