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Lance-Rakete gestorben

■ Die USA gibt die Kurzstreckenraketen-Modernisierung auf

Washington (taz ) - Genau fünf Monate nach dem Fall der Berliner Mauer hat die Bush-Administration nun auch offiziell eingesehen, daß die Westdeutschen nicht mehr bereit sind, ihre adoptierten Brüder und Schwestern mit einer Nachfolgeversion der Lance-Kurzstreckenrakete (FOTL) in den Atomtod zu schicken. Nachdem der Kongreß die 112 Milionen Dollar für FOTL im Haushaltsjahr 1991 nicht mehr berappen wollte, und ausgerechnet Margaret Thatcher den US -Präsidenten am letzten Wochenende von der politischen Unmöglichkeit einer Stationierung in einig Deutschland überzeugte hatte, haben die Experten der US-Administration nun eingesehen: Die Nachfolgerin der Lance-Rakete ist ein „non-starter“.

Wie fast alle Abrüstungsschritte der Bush-Administration entstammt auch diese Entscheidung der Angst: der Angst nämlich, von den Sowjets mit einem neuen weitreichenden Vorschlag zur Abrüstung aller atomaren Kurzstreckenwaffen in Europa erneut vorgeführt und bloßgestellt zu werden. Die landgestützten Kurzstreckenraketen sollen nun auf dem Abrüstungsaltar geopfert werden, um die luftgestützten TASM -Missiles zu retten. Diese nuklear bestückten „tactical air -to-surface missiles“ ersetzen die im Mittelstrecken -Abkommen abgerüsteten Marschflugkörper und haben, in Flugzeugen über Osteuropa transportiert, eine Reichweite bis nach Moskau.

Am Donnerstag zitierte die 'New York Times‘ ein Mitglied der Bush-Administration mit einer besonders originellen Legitimation für die Stationierung der TASM-Raketen. Mit der Präsenz dieser US-Atomwaffen in Europa, so könnten die USA gegenüber der Sowjetunion argumentieren, werde verhindert, daß die Deutschen ihre eigenen Atomwaffen entwickelten. So als ließen sich deutsche Großmachtsträume nur noch mit einer atomaren Eindämmungspolitik bekämpfen.

Rolf Paasch

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