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Londons Angst vor Irak

■ Angebliche Kanonenteile in Griechenland, Großbritannien und der Türkei beschlagnahmt / Auch Abwasserrohre in Verdacht

London/Athen/Ankara (ap / afp / dpa) - Die Affäre um Lieferungen von britischen Firmen an den Irak zum Bau einer „Riesenkanone“ weitet sich aus. Zollbeamte im englischen Middlesborough hatten am 12.April für den Irak bestimmte Rohre beschlagnahmt, die sich als Teile einer Testkanone entpuppten. Am Freitag wurden darüber hinaus andere Rohre in Griechenland und der Türkei entdeckt und festgehalten. Sie gehören zu Lieferungen der britischen Unternehmen „Sheffield Ferguson“ und „Walter Somers“.

Nach Angaben der irakischen Regierung handelt es sich um Teile einer petrochemischen Anlage. Den Regierungen in London, Athen und Ankara sind die Stahlrohre jedoch Teile eines „Supergeschützes“. Experten halten dem entgegen, für ein funktionierendes Geschütz wäre das rätselhafte Rohr viel zu lang, zu dünnwandig und zu verletzlich. „Ich würde nicht von einem Geschütz sprechen“, meint Christopher Foss, Herausgeber des Fachbuchs Jane's Armour and Artillery. „Ich glaube, man kann sagen, daß es sich um ein Raketenstartsystem handelt.“ Die tatsächliche militärische Verwendung sei aber unklar.

Nach einem Bericht der Londoner 'Sunday Times‘ unterrichtete der belgische Geheimdienst seine britischen Kollegen bereits vor einem Jahr über einen irakischen Vertrag zum Bau einer Riesenkanone. Der 'Observer‘ behauptet, ein Prototyp der Kanone sei bei einem Versuch explodiert.

Die britischen Behörden legen inzwischen bei jeglichen Lieferungen an den Irak eine gewisse Nervosität an den Tag. Am Freitag abend wurden 18 kleine Stahlrohre in Harwich beschlagnahmt. Der Zoll gab sie erst nach mehreren Stunden für den Export nach dem Irak frei, nachdem sich herausstellte, daß es sich um Kanalisationsrohre handelte.

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