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■ D I E A N D E R E N
La Stampa
Westen opfert Litauen
Im Westen ist die Ansicht verbreitet, daß auf dem Altar der Perestroika die Unabhängigkeit Litauens geopfert werden müsse, die am 11. März erklärt worden ist. Die Hartnäckigkeit in Vilnius aber verwirrt, läßt erstaunen und stört die Vorstellung, die man sich bisher von Gorbatschow und über den sogenannten Post-Kommunismus gemacht hat. Es erstaunt die ruhige Reaktion Litauens auf die vom Kreml auferlegten Strafmaßnahmen. ...
Ist es möglich, daß ein störrisches Volk von wenigen Millionen Einwohnern die schöne Harmonie in Zweifel zieht, die der Kreml vortäuscht? Auf diese Weise irritiert, gibt der Westen vor, das nicht zu sehen, was doch alle wissen, und akzeptiert (Deutschland eingeschlossen) den Hitler -Stalin-Pakt.
Frankfurter Allgemeine Zeitung
Debatte in der Volkskammer:
...viel Richtiges und Erwägenswertes war am Freitag zu hören, als in Ost-Berlin die gewählte Volkskammer ihr Dasein als Parlament, als höchstes Forum der politischen Debatte, würdig und unverkrampft begann. Ministerpräsident de Maiziere hatte am Tag davor seinem Interimsvorgänger Modrow anerkennende Worte gesagt. Das sollte ein Beitrag zum inneren Frieden sein in dem Staat, der jahrzehntelang psychisch von der Aufteilung des Volkes in verwöhnte Freunde und verfolgte Feinde gelebt hatte. (...) Aber gespenstisch wäre es gewesen, hätte in der ganzen Debatte niemand ausgesprochen, wozu der Regierungschef in seiner Erklärung um des Befriedens willen geschwiegen hatte. So hat sich der DSU-Abgeordnete Walther ein Verdienst erworben, als er darauf hinwies, wie sich Modrow im Regierungsamt unermüdlich für seine PDS, die frÜhere SED, eingesetzt hatte. Ein wichtigen Gedanken zum Streit über den verfassungsrechtlich besten Vereinigungsweg steuerte der Sozialdemokrat Thierse bei: Wenn die Volkskammer den Artikel 23 des Grundgesetzes nicht in Anspruch nehmen wolle, würden das vielleicht einzelne Länder der DDR auf eigene Faust tun....
Junge Welt
Zur Tagung der Volkskammer das Organ des PDS -Jugendverbandes:
Die neue, freie Volkskammer hat ihre Unschuld verloren. Dafür sorgte DSU-Vize Nowak, dem bei seiner Abrechnung mit der SED nichts Besseres einfiel, als Gysi und Goebbels auf eine Stufe zu stellen. ...Ob Nowak bei der Äußerung von dem ebenso unsäglichen Gorbatschow-Goebbels-Vergleich aus der jüngeren west-christdemokratischen Geschichte „inspiriert“ worden ist, weiß man nicht. Die Gefahr aber besteht, daß Volkskammersitzungen in Zukunft auf Schlammschlachtniveau geführt werden. Denn Abgeordnete von DSU und auch einige der CDU scheinen den sichersten Weg zur Profilierung darin zu sehen, sich bei der Verdammung von 40 Jahren SED-Herrschaft gegenseitig zu übertreffen. Offenbar haben sie dabei die Regierungserklärung nicht verinnerlicht, in der de Maiziere auch die Schuld seiner Partei einräumte und meinte, daß es nicht immer die Mutigen von einst seien, die heute am lautesten die Bestrafung anderer forderten. Auch Prof. Walther von der DSU konnte ja nicht widerstehen, einen Gutteil der kostbaren Redezeit auf Beschimpfungen von Hans Modrow zu verwenden. Womit auch er im deutlichen Widerspruch zur Regierungserklärung steht, in der de Maiziere Modrow als einem Demokraten dankte, der überparteilich und stabilisierend gewirkt habe. Mit solchen, aus Profilierungssucht oder welchen Gründen auch immer resultierenden Äußerungen schadet man dem demokratisch legitimierten Parlament und seiner Regierung. Und stellt damit etwas gerade Errungenes in Frage - den Konsens von Demokraten.
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