: Das Angebot steht - DDR zufrieden
■ Die Mitteilung der Bundesregierung zur Währungsunion / DDR-Regierung betrachtet Angebot als gute Verhandlungsgrundlage / Bundesbürger gönnen DDRlern nur 1:2
Bonn (dpa) - Die Mitteilung des stellvertretenden Sprechers der Bundesregierung, Dieter Vogel, zur Währungsunion hat folgenden Wortlaut: „Bundesregierung und Koalition haben sich nach intensiven Gesprächen, an denen auch die Deutsche Bundesbank beteiligt war, am 22. und 23. April über die Grundzüge eines Angebots für den Staatsvertrag mit der DDR zur Gründung einer Währungsunion mit Wirtschafts- und Sozialgemeinschaft verständigt. Bundesregierung und Koalition haben ihre Entschlossenheit unterstrichen, gemeinsam mit der DDR die Währungsunion mit Wirtschafts- und Sozialgmeinschaft zum Juli 1990 zu verwirklichen. Das Angebot der Bundesregierung ist getragen von der Verantwortung gegenüber der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung in beiden Teilen Deutschlands und der Stabilität der Deutschen Mark. Das Angebot umfaßt folgende Punkte:
1. Löhne und Gehälter sollen grundsätzlich im Verhältnis 1:1 gegenüber dem heutigen Stand (ohne Ausgleichszahlungen für Subventionsabbau und Preisreform in der DDR) umgestellt werden. Bundesregierung und Koalition sind sich dabei einig, daß der künftigen Lohnpolitik eine große Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe in der DDR zukommt.
2. Das Rentensystem der DDR soll dem Rentensystem in der Bundesrepublik Deutschland angepaßt werden. Das heißt: 70 Prozent des durchschnittlichen Nettoarbeitsverdienstes bei 45 Versicherungsjahren. Eine solche Regelung bedeutet, daß die meisten Renten in D-Mark höher liegen werden als heute in Mark der DDR. Soweit in Einzelfällen sich ein niedrigerer Betrag in D-Mark gegenüber der bisherigen Höhe in Mark der DDR ergibt, wird sichergestellt, daß die bisherige Rentenhöhe in D-Mark gezahlt wird.
3. Die Geld- und Kreditbestände der in der DDR lebenden Deutschen sollen grundsätzlich im Verhältnis 2:1 umgestellt werden. Pro Person soll jedoch ein Betrag von bis zu 4.000 Mark der DDR im Verhältnis 1:1 umgetauscht werden können (Bargeld und Sparkonten zusammengenommen). Bei der darüber hinausgehenden Umstellung von 2:1 sollen Mißbrauchsmöglichkeiten ausgeschlossen werden.
4. Für nicht in der DDR Ansässige sollen angemessene Regelungen vereinbart werden. Diese Regelungen sollen unter anderem dem seit dem 1. Januar 1990 geltenden Umtauschkurs von 3:1 Rechnung tragen.“
Die DDR-Regierung zum Bonner Angebot
Die Stellungnahme der DDR-Regierung zum Bonner Angebot zur Währungsunion hat folgenden Wortlaut: „Die Regierung der DDR sieht in den Ergebnissen der Bonner Gesprächsrunde über Grundzüge des Staatsvertrages mit der DDR ein interessantes Verhandlungsangebot. Die zur Sprache gebrachten Rahmenbedingungen für eine Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion bewegen sich in Richtung der Vorstellungen, die Lothar de Maiziere in seiner Regierungserklärung dargestellt hat. Außerdem stehen sie nicht im Widerspruch zum Koalitionspapier.
Die Regierung der DDR sieht Bonner Äußerungen bezüglich eines Umtauschkurses von 1:1 für Löhne und Renten als einen wichtigen Beitrag an, weitere unselige Diskussionen zu diesem bisher noch strittigen Punkt zu beenden.
Ein mit 1:1 bis zu 4.000 Mark angegebener Umtauschsatz für Sparguthaben kann ebenfalls als Verhandlungsbasis akzeptiert werden. Ein detaillierteres Herangehen an diese Frage sollte bei Expertengesprächen geschehen. Die Regierung der DDR geht davon aus, daß Verhandlungen noch in dieser Woche beginnen.“
Bundesbürger mehrheitlich für 2:1
Bei der zum 2. Juli geplanten Währungsunion mit der DDR ist die Mehrheit der Bundesbürger (51 Prozent) für einen Umtauschkurs von 2:1 für DDR- in D-Mark. Nur ein knappes Fünftel der Bundesbürger (19 Prozent) plädiert für einen Kurs 1:1. Grundsätzlich wird die Einführung der D-Mark in der DDR von den meisten Bundesdeutschen (76 Prozent) und DDR -Bürgern (91 Prozent) befürwortet. Das hat eine Umfrage der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen unter 1.023 Bundesbürgern und 933 DDR-Bürgern für das ZDF-Politbarometer in diesem Monat ergeben.
In der Diskussion um den Termin für die nächste Bundestagswahl sind die meisten Bundesbürger dafür, an dem geplanten Termin 2. Dezember festzuhalten (72 Prozent). Nur 24 Prozent wünschen sich eine Verschiebung der Bundestagswahl auf das Frühjahr 1991, um dann ein gesamtdeutsches Parlament zu wählen.
Für die Bundestagswahl im Dezember rechneten im April deutlich mehr Bundesbürger (59 Prozent) mit einem Sieg der Bonner Koalition aus Union und Liberalen als im März (43 Prozent). Entsprechend sahen in diesem Monat 14 Prozent weniger Bundesbürger (28 Prozent) als im März die Oppositionsparteien SPD und Grüne als Wahlsieger.
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