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WUNDERSCHÖN FIES

■ „Bastarde“, eine mitternächtliche Show im BKA

Natürlich, man kann vieles schreiben über Kabarett, über seinen Sinn und was es darf und überhaupt, kann dabei Tucholsky zitieren oder Kraus, was letztlich auch nicht weiterhilft für den, der im Zuschauerraum hockt und sich langweilt oder aber krachend auf die Schenkel haut. Deshalb schnurstracks und ohne Umschweife die Botschaft herausgebrüllt: Bastarde geil!

Wer? Was? Bastarde. Natürlich ließe sich auch darüber eine Menge erzählen: Von Heinz Werner Kraehkamp, der sich unter heftigen Zuckungen die Lunge aus dem Leib kotzt, besoffen wie nach einer Flasche Asbach, und dabei singt „Sie sagt, ich rauch‘ zuviel„; von Guntbert Warns, der immer mal wieder den todbringenden Samurai macht und schließlich von einem Insekt zur Strecke gebracht wird; von Christina Grabowski, die mit Morgenmantel und Puschen bekleidet Telefonsex anbietet: „Aaach, wahrscheinlich hast du einen gaanz dicken Schwanz“, während sie sich in der Nase bohrt; oder von Jockel Tschiersch („Kaminski“), der sekundenschnell die Dialekte wechselt und als Nürnberger Kommissar bei der Fahndung nach der Daadwaffe vom Typ Walther 31 bittet: „Walter, komm zurück. Alles wird gut„; auch John Yamoah aus Ghana würde mehr als die Erwähnung verdienen, daß er rassistisches Zeugs erzählt und dem Publikum sagt, es lache nur darüber, weil es ihn für einen stinkenden Nigger halte; ganz zu schweigen von drei Musikern der Sparten Gitarre/Baß/Schlagzeug, die eisenharten Rock zwischen die Sketche ballern.

Schön ist ganz zweifellos auch die Gesprächsrunde mit Li Peng und Gorbatschow, weil der Mann aus dem Glasnudelimperium auf die Frage nach der Emanzipation der Frau recht eindeutige Bewegungen macht und sich vom Russen sagen lassen muß: „Dumm nur, daß Chinesinnen nach einer Stunde schon wieder geil sind.“ Da können Sie nicht drüber lachen? Eben. Wer kann da schon drüber lachen, wenn er es schwarz auf weiß geschrieben sieht? Weil man die Gesichter sehen muß, die Typen; weil es sich um wunderbare Schauspieler handelt, die ansonsten im Schillertheater oder im Grips und auf anderen Bühnen herumstaksen und sich jetzt einmal die Woche als Bastarde treffen und so richtig die Sau rauslassen. Vergeßt eure lauen Samstagabende am Fernseher, vergeßt alle Feten und Einladungen zum Essen: Kratzt irgendwie zwanzig Mark zusammen und geht um Mitternacht ins BKA, zur, wie es ganz offiziell heißt: Late - Night - Live - Show. Bastarde sind gemein und obszön, hinterhältig und vulgär, fies und niederträchtig, kurz: Sie sind alles, was das Leben schön macht.

Thömmes

Bastarde, samstags, 24 Uhr im BKA

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